20.10.2024, 14:22
Bangen um Linkshänder Luca Braun
Derbys haben ihre eigenen Gesetze. Das gilt auch immer, wenn die HSG Hanau und die HSG Rodgau Nieder-Roden in der 3. Liga Staffel Süd-West aufeinandertreffen. Am Freitagabend sahen über 800 Zuschauer ein extrem ausgeglichenes Spiel zweier gleichwertiger Mannschaften in der Hanauer Main-Kinzig-Halle, welches wie immer von großer Spannung und hoher Zweikampfintensität geprägt war. Obwohl Hanau kurz vor dem Ende noch einmal ins Hintertreffen geriet, sicherte HSG-Youngster Sebastian Hein mit seinem späten Ausgleich zum 31:31 (16:13)-Unentschieden den Grimmstädtern einen Punkt.
Wir sind natürlich geknickt, weil wir heute über 60 Minuten nicht an unser Optimum gekommen sind“, sagt HSG-Cheftrainer Hannes Geist nach dem Spiel im Interview. "Wir haben zwar mutig gespielt, eine gute Abwehr gestellt und den Kampf angenommen, aber vielleicht haben uns hinten raus ein bisschen die Alternativen gefehlt."
In einer randvollen Hanauer Main-Kinzig-Halle war von der ersten Minute an ordentlich Feuer in der Partie. Beide Teams gingen hohes Tempo, schenkten sich nichts und packten auch in der Abwehr kräftig zu. Dabei hatte Hanau nicht mit voller Kapelle in das Spiel gehen können. Kreisläufer Dziguas Jusys musste weiterhin pausieren und auch Dennis Gerst fehlte als Alternative auf der Mittelposition.
Rein nominell trafen am Freitagabend zur Primetime der Tabellendritte (Hanau) und der Tabellenneunte HSG Rodgau Nieder-Roden aufeinander. Doch wer die Bezirksderbys der beiden Mannschaften kennt, der weiß, dass die Tabellensituation und der bisheriger Saisonverlauf dabei keine Rolle spielen.
Geist sprach später von einem "Phasenspiel" seiner Mannschaft, die zunächst klar das Kommando in eigener Halle übernahm. Einer der dabei immer voranging und sein Team in diesem wichtigen Spiel führte war Cedric Schiefer, der sich in jeden Zweikampf warf, acht Tore erzielte und nach einem Schnitt an der Stirn die letzte Viertelstunde mit Kopfverband absolvierte. Der 22-Jährige brachte die HSG Hanau in der 4. Minute auch mit 3:1 in Führung.
Aus einer soliden Abwehr heraus, setzten die Hausherren immer wieder zu ihrem gefährlichen Tempospiel an und konnten die "Baggerseepiraten" von Trainer Peter David so auf dem falschen Fuß erwischen. Da auch Benedikt Müller im Hanauer Kasten in der Anfangsphase hellwach war, baute HSG-Kapitän Max Bergold den Vorsprung in der 10. Minute auf 8:5 aus und das trotz zwischenzeitlichem Ausgleich der Gäste.
Der Vorsprung hatte bis zur Halbzeit bestand: Kreisläufer David Rivic, welcher bislang eine bärenstarke Saison spielt, wurde mustergültig in Szene gesetzt und markierte das 16:13. Abwehrkante Nils Schröder hatte im Innenblock zu diesem Zeitpunkt aber bereits schon seine zweite Zeitstrafe gesehen, was die Ausgangslage für die zweiten dreißig Minuten zusätzlich erschwerte.
Mit viel Schwung kam Hanau nach dem Seitenwechsel aus der Kabine und Schiefer erzielte auch das 18:14 (33. Minute) für die Gastgeber. Wenig später bediente Jan-Eric Ritter mit einem mustergültigen Pass Paul Hüttmann auf Rechtsaußen - das 20:18. Mit zunehmendem Spielverlauf wurden die "Baggerseepiraten" nun aber stärker, auch da Hanau nicht mehr so resolut wie in den ersten 30 Minuten verteidigte. Simon Brandt und Johannes von der Au warfen für den Gast noch einmal alles nach vorne.
Beim 25:21 von Julian Fulda hatte der Vorsprung noch Bestand, doch als Hüttmann eine Aktion später (44. Minute) eine hart ausgelegte Zeitstrafe sah, kippte plötzlich das Spiel. "Ich glaube das war der Knackpunkt", analysierte Geist später. "Wir agieren unglücklich und verlieren die darauffolgende Unterzahl mit 0:3. Das hat uns emotional geknickt." Nieder-Roden glich aus und ging danach sogar selbst mit 26:25 in Front.
"Wenn wir beim 25:21 vielleicht schlauer sind und die Zeitstrafe nicht bekommen, dann hätten wir unseren Gegner besser auf Distanz halten können. Stattdessen beschäftigen wir uns mit anderen Dingen und konzentrieren uns zu wenig auf uns", ärgerte sich Hanaus Cedric Schiefer im Nachgang.
"In der Phase nach dem 25:21 sind wir zu leichtfertig mit dem Ball umgegangen und haben nicht mehr konsequent genau abgeschlossen. Unser Gegner hat das ausnutzen können", ärgerte sich Hanaus Jan-Eric Ritter.
Die Crunchtime hatte dann alles, was der Handball-Fan von einem Derby erwartet. Beide Fanlager verwandelten die Main-Kinzig-Halle in einen Hexenkessel, der beim 29:28 (54.) die letzte Führung der Hausherren sah. Die zweikampfstarke 6:0-Deckung der Gäste stellte die HSG nun zunehmend vor Probleme.
Es kommen einfach für uns immer wieder Nackenschläge dazu, aber die Jungs haben das heute überragend gemacht“, so Geist, der seiner Mannschaft viel Lob aussprach, mit Blick auf den verletzungsbedingten Ausfall von Luca Braun (Schulterverletzung) nach einem Zweikampf. "Sie geben immer 100 Prozent." So auch kurz vor Schluss, als man das 30:31 zum Ausgleich noch konterte und anschließend das Remis ins Ziel brachte.
"Am Ende haben wir die nötige Aggressivität und Emotionalität reingebracht. Das war der Weg zu diesem einen Punkt. Mit der Stimmung der Zuschauer auf beiden Seiten wurde das Spiel dann zu einem richtigen Derby", so Marco Rhein., Sportlicher Leiter der HSG Rodgau Nieder-Roden. "Wir können mit dem Punkt gut leben und nehmen ihn gerne mit."
"Wenn man sich die letzten zehn Minuten des Spiels ansieht, dann haben wir heute einen Punkt gewonnen. Wir haben jetzt 12:4 Zähler, sind in der Tabelle immer noch vorne mit dabei. Das hätten uns viele nach der Partie gegen die Bergischen Panther sicher nicht zugetraut", so Geist abschließend.
HSG Hanau: Müller, Khan; Ritter (3), Hein (1), Schierling (4), Just, Braun, Schröder (1), Scharriär, Rivic (5), Bergold (3), Schiefer (8), Fulda (2), Surblys (2), Hüttmann (2)
HSG Rodgau Nieder-Roden: Wetzel, Hoepffner; Seidel (1), Wucherpfennig, Brühl (1), von der Au (3), Wunderlich, Roth, Stenger (4), Haus (7), Weiland, Hassler, Markert, Hoddersen (6/3), Schopper (2), Brandt (7).
Zuschauer: 845
Schiedsrichter: Sven Ernst / Johannes Friedhoff
Siebenmeter: 0/0 ; 3/3
Strafminuten: 12/6
chs