10.01.2025, 10:15
"Einfach eine geile Truppe"
Lange Zeit war das Schicksal der deutschen Nationalmannschaft scheinbar komplett mit Juri Knorr verknüpft - inzwischen leisten aber immer mehr Teamkollegen dem Spielgestalter Gesellschaft im Rampenlicht.
Juri Knorr wirkt abwesend, schüttelt immer wieder ungläubig den Kopf. Dann rechnet Deutschlands Handball-Hoffnung schonungslos mit sich selbst ab. "Ich mache mir selbst Vorwürfe. Das Gefühl, in solch einem großen Spiel nicht alles rausgehauen zu haben, enttäuscht mich so. Es tut einfach weh, nicht alles gegeben zu haben", sagt der völlig niedergeschlagene Nationalspieler. Er habe nicht die Gier gehabt und nicht alles auf der Platte gelassen.
Ziemlich genau ein Jahr ist vergangen, seitdem der Publikumsliebling nach der Halbfinal-Niederlage bei der Heim-EM gegen Dänemark knallhart mit sich ins Gericht ging. Knorr ist bekannt für seine Selbstkritik. Bekannt als jemand, dem es schwerfällt, sich von äußerem und selbst auferlegtem Druck zu befreien. Aber diese niederschmetternde Analyse im Januar 2024 kam doch überraschend.
Ganz anders sein Auftritt vor Journalisten am Donnerstagabend. Ja, diesmal hat Knorr auch nicht viel zu bemängeln. Schließlich hat sich das DHB-Team mit einem am Ende ungefährdeten Test-Sieg über Brasilien auf die WM eingestimmt. Und trotzdem wirkt der introvertierte Rückraum-Stratege in diesen Tagen irgendwie befreit.
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Mit seinem Handtuch um den Hals huscht dem Ballverteiler von den Rhein-Neckar Löwen immer wieder ein Lächeln über das Gesicht. Auch diesmal scheinen Knorrs Gedanken abzuschweifen - allerdings in eine positive, erfolgreiche Handball-Welt. "Das ist mit die beste Mannschaft, mit der ich bisher im Nationalteam gespielt habe. Es macht Spaß, weil wir haben einfach eine geile Truppe", schwärmt Knorr schließlich.
Knorr spielt auf Rückraum Mitte - die Position, die den Angriff im Handball lenkt. In der letzten Zeit avancierte der Rhein-Neckar Löwen aber auch immer mehr zum Halbspieler, etwa Luca Witzke bekam immer mehr Minuten im Zentrum - was auch den Druck von Knorr nimmt.
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Knorr steht bei Großturnieren immer noch extrem im Fokus. Die Hoffnungen auf die erste WM-Medaille seit dem deutschen Goldmärchen 2007 hängen auch mit ihm zusammen - aber nicht nur. Die Erwartungen der deutschen Handball-Nation haben sich verteilt und lasten nicht mehr allein auf den Schultern des 24-Jährigen, der sich mit überragenden Leistungen den Ruf des Hoffnungsträgers erspielt hatte.
"Ich bin nicht der Typ, der so gern im Rampenlicht steht", hatte Knorr einmal gesagt. Dass er im Sommer nach Dänemark wechselt, deuten einige auch als Flucht. Dabei haben sich im Nationalteam längst einige Jungstars, allen voran Renars Uscins, mit unter den Scheinwerfer gedrängt und Knorr so entlastet.
Vor dem deutschen WM-Auftakt am Mittwoch gegen Polen wird weniger über Knorr diskutiert als über die jungen Wilden und ihren Beitrag zur Medaillenmission. "Für mich sind es unsere Jüngsten, die in diesem Jahr den Unterschied ausmachen können oder gar müssen, wenn es mit dem Platz auf dem Treppchen etwas werden soll", schrieb der ehemalige DHB-Vizepräsident Bob Hanning in seiner Kolumne für die "Sport Bild".
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DPA, red