21.01.2024, 09:53
"Ich weiß nicht, was ihr wollt"
Mit einem glücklichen 22:22 konnte Deutschland gegen Österreich die Chancen auf das Halbfinale der Handball-EM am Leben erhalten. Der angeschlagene Juri Knorr hatte erstmals nicht in der Startformation gestanden, spielte nach seiner Einwechslung aber gut 43 Minuten fast durch. Nach dem Spiel gab er Entwarnung - und kritisierte Kritiker.
Juri Knorr blickte in der Interviewzone immer wieder Richtung Decke, der Spielmacher der deutschen Handballer wog jedes seiner Worte genau ab, und er wurde deutlich. "Ich weiß nicht, was ihr wollt. Ich glaube, ihr wollt, dass wir erfolgreich sind, oder? Dass wir wieder ein Wintermärchen für die Leute schaffen, einfach schöne Momente für jeden schaffen, der da draußen ist", sagte Knorr.
"Wenn wir alle das gleiche Ziel haben, dann sollten wir auch so lange dafür arbeiten, solange es möglich ist." Der deutsche Mittelmann, das war spürbar, hatte Redebedarf. Juri Knorr sprach über Erwartungshaltung, Wahrnehmung und auch Kritik an seiner Person. "Sein Auftritt nach dem Remis im EM-Hauptrundenspiel gegen Österreich (22:22) erinnerte an das legendäre `Eistonnen-Interview` von Per Mertesacker auf dem Weg zum WM-Titel der Fußballer 2014 in Brasilien", so der SID.
"Wir müssen generell, ob wir Spieler das sind, ob ihr Journalisten das seid, die Berichterstattung, wenn wir hier erfolgreich sein wollen, dann müssen wir alle zusammenstehen, die Fans, die Spieler, die Journalisten, wenn wir wirklich das Ziel haben, dann muss auch so das Gefühl bei uns Deutschen herrschen. Und das Gefühl müssen wir alle bekommen und deshalb geht es nur in eine Richtung", sagte Juri Knorr.
Den 23-Jährigen ärgerte der Auftritt gegen den klaren Außenseiter Österreich. Dramatisieren wollte er ihn aber nicht. "Ich weiß nicht, was immer erwartet wird. Wir zerreißen uns auf der Platte. Natürlich wollen wir gewinnen. Am Ende sind wir heute an unseren freien Chancen gescheitert. Das bedeutet nicht, dass wir heute schlecht Handball gespielt haben", sagte Juri Knorr.
Juri Knorr, der bislang in jeder Partie zum besten DHB-Werfer avanciert war, war erst nach einer knappen Viertelstunde in die Partie gekommen, weil er "ein bisschen schlapp" gewesen und sich "wer weiß wie viele Medikamente, die ich sonst nicht kenne, reingeworfen" habe.
Hinsichtlich seiner Gesundheit gab Juri Knorr, der nach seiner Einwechslung am Ende doch auf gut 43 Minuten Spielzeit kam, unterdessen Entwarnung: "Heute habe ich mich sehr gut gefühlt und ich bin guter Dinge, dass mein Körper jetzt zusammenhält und erst in hoffentlich acht Tagen ein bisschen zusammenklappt".
Er habe "ein bisschen Halsschmerzen" gehabt und sich "ein bisschen schlapp" gefühlt, erklärte Juri Knorr: "Diese klassische Erkältung. Zum Glück nicht länger als wahrscheinlich die zwei, drei Tage." Auch bezüglich seines Knies sei "alles okay", sagte der Spielmacher des DHB-Teams: "Ich hatte einen Pferdekuss in der ersten Halbzeit."
Bereits beim hart erarbeiteten Hauptrunden-Auftakt gegen Island (26:24) war der Profi der Rhein-Neckar Löwen angeschlagen gewesen und hatte eine für seine Verhältnisse durchwachsene Leistung gezeigt.
Dafür hatte es auch Kritik gegeben, unter anderem von Stefan Kretzschmar und den Ex-Weltmeistern Michael Kraus und Pascal Hens gegeben. Im Dyn-Talk Harzblut sagte Kretzschmar über das Island-Spiel: "Juri muss mehr aus der Bewegung kommen, heute war es einfach zu statisch, da leiden auch die Halben drunter." Auch Hens sah "nicht" Knorrs "besten Tag". Die Worte entgingen Knorr nicht.
"Ich bin absolut kritikfähig und ich weiß ja auch, dass es nicht mein bestes Spiel war. Aber ich habe jetzt auch häufig genug gesagt, dass ich nicht bei 100 Prozent meiner Kräfte war", sagte Juri Knorr. Die Aussagen der "Legenden" hätten ihn "natürlich" getroffen, so der Spielmacher, der ergänzte: "Ich glaube, man sollte immer das große Ganze sehen, bevor man mit dem Finger auf den anderen zeigt."
"Ich nehme mir das natürlich zu Herzen und finde es in dem Moment einfach schade", sagte Juri Knorr laut SID. Die dpa zitierte den Spielmacher mit einem Appell an Handball-Deutschland: "Im Endeffekt läuft das Turnier jetzt noch und wir haben Chancen aufs Halbfinale. Wir sollten zusammen stehen und kämpfen bis zum Schluss."
Zuvor hatte auch Bundestrainer Alfred Gislason seinen Schützling gegenüber der dpa gegen die Kritik verteidigt. "Er hat nicht eines seiner besten Spiele gemacht - ohne Frage. Ich habe natürlich auch schon viele Harakiri-Aktionen von Kretzsche erlebt als Trainer und er ist trotzdem auf dem Spielfeld geblieben", sagte der Isländer.
SID ml cs ak, dpa, red