08.03.2024, 18:00
Frauenhandball im Aufschwung?
Warum verdienen Frauen im Handball nicht so viel wie Männer? Warum ist es für den Frauenhandball so schwer, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen? Am Weltfrauentag hat handball-world darüber mit der Ex-Nationalspielerin Anja Althaus gesprochen. Die frühere Topspielerin sieht Verbesserungen - aber auch noch viele Probleme.
Anja Althaus war eine der besten deutschen Handballerinnen und bestritt 243 Länderspiele. Sie ist dreifache deutsche Meisterin und gewann 2018 die Champions League. Mittlerweile lebt sie in Nordmazedonien, wo sie Teil des Trainerstabs der Männer- und Frauennationalmannschaft ist. Sie kann also einen guten Vergleich zwischen Frauen- und Männerhandball ziehen.
Wie denken Sie über den Frauenhandball und dessen Darstellung heute?
Anja Althaus: Frauensport und Frauenhandball sind im Großen und Ganzen immer noch unterschätzt und nicht so unterstützt, wie es sein sollte, wie es Frauen verdienen. Ich weiß aus deutscher Sicht von der Ferne betrachtet, dass sich viele Sachen verbessert haben, von der Berichterstattung, von den Spielen, wie es gezeigt wird. Da bin ich froh drüber, aber ich bin immer noch der Meinung, dass es nicht ausgeglichen genug ist.
Woran hapert es noch?
Anja Althaus: Das ist eine gute Frage. Es hängt im Endeffekt in vielen Prozenten vom Geld ab. Aber die Frage ist: Warum sehe ich eine Frau immer anders? Ein Mann kann zum Beispiel Sachen einfach sagen, eine Frau beschwert sich angeblich immer. Da sind so viele Sachen, die im Hinterkopf irgendwo eine Rolle spielen, die ich einfach schade finde.
Ich bin vom Frauenhandball und arbeite mittlerweile auch im Männerhandball. Es ist die gleiche Sportart, aber Frauen haben ganz andere Facetten, die man einfach noch hervorbringen kann und ich glaube, das Verständnis haben noch nicht alle aufgegriffen. Man kann das noch ganz anders vermarkten.
Warum wird das nicht gemacht? Spielt Frauenhandball in den Verbänden nur eine untergeordnete Rolle?
Anja Althaus: Der Deutsche Handballbund hat es verstanden, der macht das viel besser und ist da auf einem guten Weg. Der Frauenhandball in Deutschland ist wirklich im Vormarsch, von dem was ich in den letzten Jahren gesehen habe. Es ändern sich Sachen und ich bin sehr froh darüber.
Aber wenn man jetzt zum Beispiel von Trainerinnen redet: Warum gibt es noch nicht so viele Trainerinnen in der Welt? Im internationalen Bereich haben die meisten Nationalmannschaften ehemalige Spieler als Trainer. Ich vermisse die Frauen.
Sie haben eben erwähnt, dass Sie sowohl im Frauen- als auch im Männerhandball schon trainiert haben. Wo haben Sie da den Unterschied gemerkt?
Anja Althaus: Ich muss dazu sagen, dass ich eine Männermannschaft im Balkan trainiere. Das ist natürlich auch von der Mentalität noch ganz anders. Aber ich möchte gar nicht über diese Unterschiede zwischen Mann und Frau reden. Am Ende gibt jeder alles, wir geben unseren Körper, unsere Zeit, wir investieren alles, es ist ein Teamsport.
Man sollte einfach mal nach den Gemeinsamkeiten gucken und nicht immer nur die Unterschiede hervorheben. Deswegen sollte man das einfach gleich behandeln, auch vom Finanziellen her. Eine Profisportlerin hat denselben Aufwand wie ein Männersportler, aber er ist besser bezahlt. Warum?
Bekommt der Frauenhandball mehr Aufmerksamkeit als zu Ihrer aktiven Zeit?
Anja Althaus: Das ist unterschiedlich und hängt ab vom Land, in dem man lebt. Ich habe ja in vielen verschiedenen Ländern gespielt und das miterlebt. Aus deutscher Sicht gesehen, würde ich im Moment ja sagen. Das liegt auch daran, dass die Medien jetzt einfach anders sind.
Ich klinge jetzt verdammt alt, wenn ich das so sage und ich mag das normalerweise nicht, aber zu meiner Zeit waren soziale Medien wie Instagram noch nicht so groß, wie man es jetzt hat. Das ist natürlich viel hilfreicher und sorgt auch dafür, dass du mehr Sponsoren kriegen und mehr Aufmerksamkeit generieren kannst. Dadurch hat man jetzt auf jeden Fall viel mehr Aufmerksamkeit als vorher.
Wo steht der Frauenhandball im Vergleich zu den Männern?
Anja Althaus: Wenn ich von Deutschland rede, hast du Fußball, dann kommt Männerhandball und Frauenhandball kommt dann ganz weit unten. Aber von außen her betrachtet hat es sich wirklich verbessert. Durch diese ganzen neuen Kooperationen hat der Frauenhandball ein bisschen mehr Aufschwung gekriegt.
Natürlich muss der Frauenhandball auch Ergebnisse liefern. Beim Männerhandball gab es auch eine Phase, in der sie keine Ergebnisse geliefert haben, da war es dann natürlich schwieriger. Wenn du Erfolge bringst, ist es einfacher, Aufmerksamkeit zu bekommen. Der DHB investiert da jetzt auch mehr, hat ein besseres System geschaffen und klopft wieder an der Weltspitze. Dadurch ist Frauenhandball auf einem guten Wege, oben mitzuspielen. Es ist auf jeden Fall besser als vorher.
Und wie wird es noch besser?
Anja Althaus: Ich würde sagen mit Erfolg. Das Beste ist, wenn die Frauen jetzt einfach mal was gewinnen. Dann wird es einfacher. Aber die Frage ist auch: Die Fußballfrauen waren ja auch mal sehr erfolgreich. Wie viel hat sich da in der Hinsicht für den Frauenfußball geändert? Das ist immer so ein bisschen meine Frage. Hat sich danach viel geändert?
Wie stehen Sie zum Weltfrauentag?
Anja Althaus: Ich bin kein Freund vom Frauentag, aber ich verstehe, dass wir Frauen diesen Tag brauchen und dass er wichtig ist. Ich mag auch den Valentinstag nicht. Ich brauche dafür nicht einen Tag, wir brauchen das jeden Tag. Wir müssen einfach alle jeden Tag ein bisschen mehr Respekt haben und Wertschätzung an den Tag legen. Wir leben in 2024. Wir müssen einfach von diesem ganzen Denken, was hätte früher sein sollen, wegkommen und sagen: Eine Frau verdient genauso viel, wenn sie arbeitet, weil der Job einfach so ist und sie das gleiche leistet.
Zum Abschluss: Was können Frauen besser als Männer, sowohl generell als auch im Handball?
Anja Althaus: Sie können mehrere Sachen auf einmal machen. Nein, Spaß beiseite, ich glaube, dass Frauen detailbewusster und filigraner sind und in vielen Hinsichten mehr sehen, aber in mancher Hinsicht auch spezifischer sind.
Aus der Handball-Sicht gesehen: Frauen-Handball hat mehr vom eins gegen eins, weil du für deine Lücken ein bisschen mehr kämpfen musst. Männer sind größer und haben mehr Kraft.
Eine Frau muss ihren Weg finden. Da sind Frauen in vielen Hinsichten stärker, manche Sachen zu händeln. Ich glaube, dass Frauen eine kleine Superpower haben: Wenn sie etwas machen wollen, dann kriegen sie das auch hin - da ist es egal, was ihnen im Weg steht.
Merle Klingenberg