21.08.2024, 10:39
#handballhistory
Am 21. August 2016 gewinnen Deutschlands Handballer die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Im Spiel um Platz drei bezwingt das Team des damaligen Bundestrainers Dagur Sigurdsson die Mannschaft aus Polen. Ein Rückblick.
"Ich bin stolz auf die Mannschaft", sagte Trainer Dagur Sigurdsson nach dem Schlusspfiff. Erst der EM-Titel, dann die Bronzemedaille bei Olympia: Die deutschen Handballer hatten im Jahr 2016 ihren Weltklasse-Status gleich bei zwei großen Turnieren bestätigt.
Dank einer famosen Abwehrarbeit besiegte der damalige Europameister den WM-Dritten Polen mit 31:25 (17:13) und holte die am Ende verdiente Medaille. "Wir haben uns in die Weltspitze zurückgekämpft. Aus der erfolgreichen Mannschaft der EM ist eine neue Mannschaft entstanden. Für Dagur und sein Trainerteam war das eine Meisteraufgabe, die sie toll gelöst haben", lobte DHB-Präsident Andreas Michelmann nach dem Turnier.
"Willkommen im Paradies", hatte Dagur Sigurdsson zu Beginn der Olympischen Spiele von Rio de Janeiro nach dem ersten Training die deutschen Journalisten begrüßt. Und nach dem gewonnenen Auftaktspiel gegen Schweden schmetterte er den Medienvertretern ein "Euch habe ich schon überall gesucht" entgegen. Zum Abschluss seines zweiten Jahres als Bundestrainer der deutschen Handballer hat der sonst wortkarge Isländer eine neue Lockerheit gefunden.
"Ich muss sagen, dass er in der Olympia-Vorbereitung ziemlich locker wurde und er auch mal einen flapsigen Spruch gebracht hat. Das haben wir davor die zwei Jahre gar nicht gehört", hatte Kreisläufer Hendrik Pekeler erzählt.
Der 43-jährige Sigurdsson sei eher ein spröder Typ. Wort-Schwälle wären ihm unbekannt. "Er wählt seine Worte sehr genau", umschrieb Pekeler dessen Art und fügte an: "Man braucht auch nicht immer einen Trainer, der einen die ganze Zeit zuquatscht", meinte er.
Als Nachfolger von Martin Heuberger hat Sigurdsson seit August 2014 den deutschen Männer-Handball aus der Tristesse wieder zurück in lichte Höhen geführt. WM-Siebter, Europameister und dann Olympia-Dritter von Rio durch einen 31:25-Erfolg im kleinen Finale gegen Polen.
Zuvor hatte der einstige Mittelmann der isländischen Nationalmannschaft den Bundesligisten Füchse Berlin dem DHB-Pokalsieg, EHF-Cup-Gewinn, ins Champions-League-Halbfinale und zum Titel des Club-Weltmeister geführt.
Und überdies entwickelte er Talente wie Paul Drux und Fabian Wiede dort zu Stammkräften der Nationalmannschaft. "Er macht einen überragenden Job", sagte Axel Kromer, neben Alexander Haase Sigurdssons Co-Trainer, "Dagur ist das Mastermind und er muss entscheiden." Seine Assistenten sind ihm jederzeit eine wertvolle Hilfe. "Er sagt jetzt nicht, er hat hier zwei Asiaten da zu sitzen, die die Daten reinhacken. Wir haben auch ein bisschen Handball-Kompetenz", meinte Kromer.
Sigurdssons Leben aber besteht nicht nur aus Handball. Er ist polyglott, war Spieler in Japan, Österreich und der Bundesliga. In Island hat er Geschäfte aufgebaut, die nicht alle funktioniert haben, und ist Mitbesitzer eines gut laufende Hostels und betreibt eine App zum Verwalten von persönlichen Erfolgen - in Cupodium kann der Isländer nun sein Regal mit Bronze ergänzen. Diese Experimentierfreude hat Sigurdsson auch mit in den deutschen Handball gebracht. "Er scheut sich nicht, etwas Neues zu probieren", sagte Spielmacher Martin Strobel.
"Was ich ganz, ganz wertvoll finde, ist die Art wie Dagur nicht nur diesen eingeschränkten Fokus auf Handball hat, sondern wo ich mich so typisch deutsch als Fachidiot immer nur Handball, Handball, Handball sehe, da lerne ich von ihm eben auch diese notwendige Lockerheit, das Interesse für andere Dinge", berichtete Kromer.
Doch letztlich ist Sigurdsson auch der typische Isländer: "Er spricht allgemein nicht viel. Er hat es geschafft, in unserer WG im olympischen Dorf ab und zu mal die Tür zuzumachen und das Schild vorzuhängen: "Bitte nicht stören"", erzählte er.
Martin Kloth und Frank Kastner, dpa, red