31.01.2025, 08:08
#handballhistory
Heute vor neun Jahren gewann Deutschland den letzten Titel bei einem großen Turnier. Bei der Handball-EM 2016 in Polen setzt sich das Team vom damaligen Bundestrainer Dagur Sigurdsson im Finale eindrucksvoll gegen Spanien durch.
"Die Leistung heute war natürlich überragend, die Abwehr- und die Torhüterleistung. Dafür braucht man kein Bundestrainer zu sein, um das zu sehen", erklärte Bundestrainer Dagur Sigurdsson im Januar 2016 nach dem großen Coup: Deutschland hatte Spanien im Finale der Handball-EM 2016 mit 24:17 (10:6) geschlagen und sich trotz zahlreicher personeller Rückschläge im Vorfeld des Turniers den Titel gesichert.
Die selbsternannten #BadBoys waren zu Goldjungen geworden - dank einer grandiosen Deckung und eines im EM-Finale überragenden Andreas Wolff. "Das ist surreal, was er hier hält", lobte der verletzte Kapitän Uwe Gensheimer. In Erinnerung bleiben aber auch der Krimi zum Abschluss der Hauptrunde und der Thriller mit Überlänge im Halbfinale.
Das Final-Duell Deutschland gegen Spanien hatte es gleich zum Auftakt der Europameisterschaft gegeben, Spanien siegte in Breslau 32:29 und setzte das DHB-Team in der Gruppe C damit unter Druck. Mit einem denkbar knappen 27:26 gegen Schweden, bei dem Tobias Reichmann neun Treffer erzielte, und einem umkämpften 25:21 gegen Slowenien schaffte die deutsche Auswahl aber den Einzug in die Hauptrunde und nahm in diese 2:2 Punkte mit.
Angeführt vom sechsfach erfolgreichen Fabian Wiede gelang zum Auftakt der zweiten Turnierphase ein 29:19 gegen Ungarn und mit dem knappen 30:29 gegen Russland wurde die Weiche für ein Duell um das Halbfinal-Ticket gegen Dänemark gestellt.
Dänemark hatte zuvor gegen Spanien gewonnen, war gegen Schweden aber nicht über ein 28:28 hinausgekommen. Deutschland bot sich so die Chance aufs Halbfinale und diese sollte genutzt werden - auch weil Dagur Sigurdsson die Deckung zwischenzeitlich auf ein 4:2-System umstellte. Kopf an Kopf ging es bis zum 23:23, das Martin Strobel erzielte. In Überzahl legten Tobias Reichmann und Fabian Wiede zum 25:23-Erfolg nach.
War das Spiel gegen Dänemark bereits ein Krimi, das Halbfinale gegen Norwegen wurde ein Thriller. Torhüter Ole Erevik hielt Norwegen zunächst im Spiel und war mit 16 Paraden dominierender Mann der regulären Spielzeit. Norwegen hätte den Sack zumachen können, doch Rune Dahmke rettete das deutsche Team in die Nachspielzeit, 27:27 (13:14) hieß es nach sechzig Minuten.
Die Nachspielzeit begann mit einem Treffer von Sander Sagosen, doch das DHB-Team übernahm die Führung - doch nach einem Reinkind-Treffer ging es mit einem 33:33 in die letzten Sekunden und in Richtung einer zweiten Verlängerung. Doch die verhinderte Kai Häfner, der mit dem 34:33 Deutschland ins Endspiel warf.
Die Trumpfkarte "Abwehr", die Spanien im Finale der Handball-EM 2016 auf ihrer Seite glaubte, lag von der ersten Minute beim deutschen Team, das zwei frühe Ballgewinne feierte. Arpad Sterbik war zwar bei einer Chance zur Stelle, aber Andreas Wolff agierte eben überragend. Nach acht Fehlversuchen beider Teams erhöhte Kai Häfner auf 2:0, der auch für das 3:1 sorgte, das die frühe Auszeit der Spanier nach sich zog.
Doch die deutsche Deckung blieb auch danach ein unüberwindbares Hindernis, Raul Entrerrios konnte zwar den ersten Feldtreffer für Spanien erzielen, doch Deutschland zog auf 7:2 davon und feierte jede Aktion.
Auch erste Rückschläge wurden kompensiert: Nach einem spanischen Doppelschlag und einen von Sterbik parierten Siebenmeter setzte Steffen Fäth das wichtige 8:4. Und die Führung hielt auch in der Folge - auch dank eines mehr und mehr über sich hinauswachsenden Andreas Wolff, der längst in den Köpfen der Spanier war. Nur sechs Treffer hatten diese zur Pause zu Buche stehen, Deutschland führte nach einem Kühn-Treffer mit 10:6 als die Seiten gewechselt wurden.
Nach Wiederbeginn versuchte es Spanien mit einer offesiven Deckung, doch Deutschland stand weiterhin gut in der Deckung und war insbesondere aus dem Umschaltspiel erfolgreich, wie beim 12:6 durch Hendrik Pekeler. 14:8, 16:9 - Deutschland hielt Kurs, auch weil die Spanier gegen die deutsche Defensive und den weit über fünfzig Prozent abgewehrter Bälle liegenden Wolff über 45 Minuten für eine zweistellige Trefferanzahl brauchten.
18:11, 19:12 - und spätestens mit dem Doppelschlag von Hendrik Pekeler und Rune Dahmke waren beim 21:13 dann auch die letzten Zweifel beseitigt. 24:17 hieß es am Ende eines beeindruckenden Finales.
Glückwünsche kamen auch vom Gegner: "Deutschland hat heute so gut gespielt, dass es für uns unmöglich war, das Ding zu gewinnen. Die erste Halbzeit war fantastisch von ihnen, wir haben in der ersten Halbzeit nur sechsmal getroffen. Meine Spieler haben alles versucht, aber es war unmöglich. Gratulation an Deutschland, das war großartig", so Spaniens Trainer Manolo Cadenas.
"Ich weiß nicht was in unserer Mannschaft passiert ist, aber das war kein Handball. Ich kann gar nicht sauer sein, weil wir gar nicht wirklich gespielt haben", erklärte Routinier Arpad Sterbik mit Blick darauf, dass die deutsche Deckung und ein überragender Andreas Wolff den Favoriten nicht ins Spiel kommen ließen.
Lob gab es auch von höchster Stelle: "Diese junge deutsche Mannschaft hat sich im Laufe des Turniers von Spiel zu Spiel gesteigert, um im Finale alles zu zeigen, was sie auszeichnet: Kampfesstärke, Leidenschaft und vor allem Teamgeist. Sie hat dabei an große deutsche Handballtraditionen angeknüpft und sicherlich viele neue Fans für ihren Sport gewonnen", so Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Mitteilung. "Feiern Sie diesen Sieg!", ordnete Bundespräsident Joachim Gauck an.
Und das tat die deutsche Auswahl in Berlin in der Max-Schmeling-Halle, live übertragen von der ARD, die zuvor beim EM-Finale mit 13 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 42 Prozent auch die nach der Partie folgende Tagesschau und den Tatort auf die Plätze in der TV-Rangliste verwiesen hatte.
Der Empfang in Berlin war überwältigend, über 10.000 Fans waren einen Tag nach dem Sensationserfolg in der Halle und feierten die Europameister. Dabei wurde auch eine Szene in der Kabine nachgestellt, als Finn Lemke die konzentrierte Stille durchbrach: "Heute nicht, heute ist unser Tag, heute kann uns niemand schlagen."
Torhüter:
Andreas Wolff, Carsten Lichtlein
Rückraumspieler:
Fabian Wiede, Martin Strobel, Steffen Fäth, Kai Häfner, Simon Ernst, Julius Kühn, Niclas Pieczkowski, Steffen Weinhold, Christian Dissinger
Kreisläufer:
Finn Lemke, Hendrik Pekeler, Erik Schmidt, Jannick Kohlbacher
Außen:
Tobias Reichmann, Johannes Sellin, Rune Dahmke
cie, red