vor 15 Stunden
"Hätte deutlich enger werden können"
Durchschnaufen beim VfL Gummersbach. Die Oberberger konnten sich gegen den TVB Stuttgart freischwimmen, den personellen Sorgen trotzen und ihr Punktekonto ausgleichen. Groß verschnaufen kann der VfL nicht bei einem Programm, das innerhalb von 40 Tagen gleich 13 Spiele beinhaltet.
"Wir sind überglücklich heute, dass wir die zwei Punkte nach einer schwierigen Zeit mitnehmen können. Es war aber kein schönes Spiel, muss man sagen", bilanzierte Gummersbachs Coach Gudjon Valur Sigurdsson nach dem 35:28-Erfolg gegen Stuttgart. Er hatte sich nach der Niederlage in Leipzig noch demonstrativ vor seine Mannschaft gestellt.
Die Ausgangslage hatte sich noch einmal verschärft. Nicht nur Abwehrchef Tom Kiesler fiel aus, auch Julian Köster und Teitur Einarsson hatten sich in Sachsen verletzt und stehen dem Team vorerst nicht zur Verfügung. "Wir sind ein bisschen das angeschossene Reh", urteilte Spielmacher Kentin Mahé bei Dyn und war "sehr glücklich über die Mannschaftsleistung."
"Die Spielminuten müssen jetzt auf die gesamte Mannschaft verteilt werden. Natürlich schmerzt das mit wichtigen Spielen im Rückraum und in der Abwehr. Aber was sollen wir machen? Wir müssen mit der Situation leben und weiterziehen", so der französische Europameister und betonte: "Für die Jungs haben wir uns heute den Hintern aufgerissen und werden das auch in den kommenden Wochen tun."
"Es ist keine schöne Situation. Es ist kein Geheimnis, dass die drei Jungs Leistungsträger sind und eine wichtige Rolle im Team haben. Nichtsdestotrotz haben wir auch genug andere Spieler. Es wird für sie die Aufgabe sein das zu kompensieren, das ist nicht einfach", hatte VfL-Geschäftsführer Christoph Schindler vor der Partie im Vorfeld betont, Nachverpflichtungen seien "aktuell nicht geplant".
Auch Ex-Bundestrainer Heiner Brand hatte im Vorfeld gegenüber handball-world betont: "Julian Köster ist der überragende Mann. Er ist in Abwehr und Angriff wichtig, als Persönlichkeit in der Mannschaft vorne weg." Die Gummersbacher Handball-Legende betonte: "Auch mit der Verletzung von Einarsson und Tom Kiesler, der in der Abwehr auch schon fehlt, ist das eine schwere Situation für den VfL."
"Jeder Spieler steht lieber auf dem Feld anstatt auf der Bank zu sitzen. Bei vier Rückraumspielern ist es klar, dass sie viele Spielzeiten bekommen werden. Die Jungs haben die Chance sich zu beweisen. Wir haben hundertprozentiges Vertrauen in die Mannschaft, dass wir auch ohne die Jungs erfolgreich sein können. Auch wenn das natürlich schwieriger wird", so Schindler.
Teilweise musste man somit auch mit drei Rechtshändern (Kentin Mahe, Ole Pregler und Miro Schluroff) im Rückraum spielen, um Linkshänder Giorgi Tskhovrebadze zu entlasten. Der VfL profitierte aber auch vor allem von der guten Abwehrarbeit und einem schnellen Umschaltverhalten.
Auch weil die Oberberger in der zweiten Halbzeit Stuttgarts Spiel mit dem siebten Feldspieler mit leichten Toren ins leere TVB-Tor bestraften, hatten die Oberberger als Gesamtmannschaft fast zwei Kilometer weniger abgespult als die Stuttgarter, hatte lediglich Mathis Häseler mehr als 3,5 Kilometer abgerissen. Der Rechtsaußen hatte allerdings auch die meiste Einsatzzeit aller Feldspieler erhalten. Gewichtet mit 35 Minuten Minuten auf dem Feld war Kentin Mahé auch läuferisch ein Aktivposten.
"Wir müssen einfach alle mehr Torgefahr ausstrahlen, ein bisschen mehr in die Tiefe gehen, ein bisschen mehr Verantwortung übernehmen - egal, ob 20 Jahre oder 33", stellte der aus Veszprém zurückgekehrte Spielmacher fest. "Jeder muss zusehen, dass er für den VfL kämpft und brennt. Auch mit und genau wegen diesen Ausfällen. Das haben wir uns fest vorgenommen."
"Wir haben uns in der ersten Halbzeit super absetzen können. Es hätte am Ende noch deutlich enger werden können. Stuttgart hat super gespielt in der zweiten Halbzeit", urteilte Sigurdsson nach der Partie. Mit einer durchwachsenen Leistung im Positionsangriff hatte man eine frühe 3:1-Führung nicht behaupten können, lag kurzzeitig sogar zurück. "Man hat gemerkt, dass bei beiden Mannschaften ein wenig die Handbremse angezogen war, da beide unter Druck standen. Deswegen sind wir auch zufrieden, dass wir gewonnen haben!", so Sigurdsson.
Nach zwanzig Minuten holte man sich aber die Kontrolle und mit dem 11:0-Lauf vom 9:9 (21.) zur 20:9-Führung (32.) kurz nach Wiederanpfiff. Stuttgart zeigte aber immer wieder starke Phasen, konnte so auf sechs (20:14) und fünf Tore (26:21) verkürzen. Gummersbach fand aber immer wieder in die Spur, der Auswärtssieg geriet so nie in Gefahr.
"Wir haben es geschafft mit einem guten Torwart und einer guten Abwehr in unser Tempospiel zu kommen und das wollen wir gegen Bietigheim auch schaffen", blickt U21-Weltmeister Mathis Häseler zurück: "Natürlich wird es durch die Ausfälle jetzt noch schwerer für uns, aber das müssen wir so hinnehmen, noch näher zusammenrücken und um jeden Ball kämpfen."
"Mit dem Sieben-gegen-Sechs kamen wir nicht zurecht. Unser Glück war es dann, dass wir oft auf das leere Tor treffen konnten", so dann auch Sigurdsson in seiner Analyse. Vor allem Ellidi Vidarsson und Kentin Mahé konnten das in der Schlussviertelstunde mehrfach bestrafen. "Heute war der erste Schritt. Jetzt konzentrieren wir uns auf die nächste Aufgabe", richtete Mahé schon den Blick nach vorne. Am Sonntagnachmittag (29. September, 15 Uhr/live bei Dyn und Welt.TV) wartet dann das Gastspiel bei der nach Pluspunkten gleichauf liegenden SG BBM Bietigheim.
"Bietigheim hat sich mit guten Spielern verstärkt, die gefährlich aus dem Rückraum sind. Sie spielen zudem sehr gut mit dem Kreis zusammen und das gilt es für uns zu unterbinden", weiß Häseler ob der Qualitäten des nächsten Gegners.
chs