11.11.2024, 13:00
Debüt in der DAIKIN HBL im Oktober
Fabian Friedel und Rick Hermann stiegen im Sommer in den Elite-Anschlusskader auf und erfüllten sich den Traum von der 1. Bundesliga. Sie pfeifen jetzt auf derselben großen Bühne wie ihre Mentoren - und sind im Landesverband selbst schon Vorbilder für die nächste Generation.
Junge Spieler eifern ihren großen Idolen nach und schauen sich Tricks von Juri Knorr, Renars Uscins und David Späth ab - und junge Schiedsrichter? Die haben natürlich auch ihre Vorbilder. "Natürlich schaust du, wer die besten Schiedsrichter sind und guckst ihre Spiele", sagt Rick Herrmann und zuckt die Schultern. Er scheint zu sagen: Was denn sonst?
Für Herrmann und seinen Gespannpartner Fabian Friedel war früher ganz klar, wen sie sich ganz genau angucken: Lars Geipel und Marcus Helbig natürlich, die sogar aus einer ähnlichen Region kommen. Und, auch das eine Selbstverständlichkeit für Schiedsrichter ihrer Generation: Robert Schulze und Tobias Tönnies.
Als Friedel/Herrmann 2011 ihre Karriere begannen, pfiffen Schulze/Tönnies mit Ende Zwanzig bereits seit vier Jahren in der 1. Männer-Bundesliga. Die beiden Freunde aus Sachsen legten einen schnellen Aufstieg hin und stiegen 2016 in den Nachwuchskader auf. Eins ihrer ersten Pflichtspiele als Mitglied des neuen Kaders führte sie nach Minden, zum Erstrundenturnier des DHB-Pokals. Ebenfalls angesetzt: Schulze/Tönnies, das Patengespann der jungen Unparteiischen.
"Das war ein absolutes Highlight für uns, wir durften einfach mit Schulze/Tönnies zum DHB-Pokal fahren", erinnert sich Friedel. Über die Jahre entstand eine Freundschaft; die beiden Olympia-Schiedsrichter waren im vergangenen Jahr auf dem 30. Geburtstag von Friedel zu Gast. Nach dem Aufstieg pfeifen sie auf derselben großen Bundesligabühne, und dennoch: "Robert und Tobias sind immer noch Vorbilder", das betonen Friedel und Herrmann unisono.
Inzwischen sind Friedel und Herrmann jedoch selbst zu Vorbildern geworden. "Das spürt man schon auf den Lehrgängen", gibt Herrmann zu und erklärt: "Wir haben eben das geschafft, was andere auch schaffen wollen; es ging für uns, teilweise sehr steil, nach oben." Dass sie die Rolle annehmen, ist selbstverständlich: "Wir haben damals nach oben geguckt, jetzt guckt der Nachwuchs zu uns hoch."
Sowohl Friedel als auch Herrmann engagieren sich neben ihrer eigenen Karriere im Landesverband. Herrmann ist für die Entwicklung zuständig, kümmert sich besonders um den jungen Nachwuchs und ist außerdem Schiedsrichter-Coach. Friedel ist Lehrwart im HV Sachsen; er organisiert Lehrgänge und Stützpunkte, beantwortet Regelfragen und ist auch im Coaching tätig. "Wir wollen etwas zurückgeben von dem, was wir lernen durften", begründet er das Engagement.
Dass sich gerade die Spitzenschiedsrichter des Deutschen Handballbundes einbringen, ist auch Sicht von Friedel sehr wichtig. "Wir können unser Wissen dort weitergeben und denen zur Hand gehen, die dort teilweise schon seit Jahrzehnten tätig sind", führt er aus. "Jede Hilfe wird gebraucht."
Bei allem Engagement liegt der Fokus von Friedel/Hermann klar auf der eigenen Schiedsrichterkarriere. Nach ihrem rasanten Aufstieg innerhalb weniger Jahre bis in den Bundesligakader stiegen sie 2021 in die 3. Liga ab. "Uns wurde sehr deutlich gesagt, dass der Riesensprung damals auf Kosten unserer Erfahrung ging", erinnerte sich Herrmann. "Wenn man schon vier Jahre in der 2. Bundesliga gepfiffen hat, will man das nicht sofort wahrhaben, aber es war schon etwas Wahres dran. Im Rückblick haben wir aus der 3. Liga viel mitnehmen können."
Denn statt aufzugeben, arbeiteten sie an sich - und belohnten sich im Sommer 2022 mit dem direkten Wiederaufstieg. Zwei Jahre später gelang der nächste Schritt: Seit diesem Sommer gehören Friedel/Herrmann dem Elite-Anschlusskader an. "Mein Ziel war es, bis 30 in der 1. Bundesliga zu pfeifen", verrät Herrmann. Am 17. Oktober 2024 ging sein Traum in Erfüllung: Im Alter von 29 Jahren leitete er gemeinsam mit Friedel die Partie HSG Wetzlar gegen HSV Hamburg.
"Beim Einlaufen hatte ich am ganzen Körper Gänsehaut und auch eine kleine Emotionsträne im Auge", beschreibt Herrmann. "Ich habe mir gedacht: Jetzt bist du da, wo du hinwolltest - und jetzt musst du liefern, damit alle auch wissen, dass es berechtigt ist." In diese Kerbe schlägt auch Friedel: "Ich bin natürlich sehr stolz, aber wir können uns auf dem Debüt nicht ausruhen."
Denn der Elite-Anschlusskader ist immer nur eine Durchgangsstation: In diesem Kader pfeifen die Teams, denen die Verantwortlichen das langfristige Bestehen in der 1. Männer-Bundesliga zutrauen. Drei Jahre können sich Gespanne hier beweisen, um den Aufstieg in den Elitekader zu schaffen. Reicht es nicht, geht es runter in den Bundesligakader.
"Wir lernen jetzt das Schwimmen im lauwarmen Wasser, um später im Haifischbecken überleben zu können", formuliert es Friedel. Denn natürlich müssen sich die Schiedsrichter-Teams bewähren, aber ihnen wird dafür eben auch die oben genannte Zeit zugestanden. Den Gespannen wird der Raum für ihre Entwicklung gegeben. "Du hast die Möglichkeit, zu zeigen, dass du zu den Spitzengespannen in Deutschland gehören kannst", sagt Friedel.
Gemeinsam mit den beiden Sachsen sind Leonard Bona und Malte Frank sowie Sophia Janz und Rosana Sug in diesem Sommer aufgestiegen. Marvin Cesnik und Jonas Konrad pfeifen in dieser Saison ihr zweites Jahr im Anschlusskader. Die vier Teams stehen auf der einen Seite in Konkurrenz, auf der anderen Seite sollen sie voneinander und miteinander lernen.
Denn das Schwimmen lernt man im "Anschlusskader" auch durch das so genannte "Pool-Coaching": Es gibt einen Pool aus fünf festen Coaches, die jedes Team zweimal in der Saison beobachten. "Das hat den großen Vorteil, dass du bei zehn Coachings nicht zehn verschiedene Meinungen bekommst, sondern die Coaches beim zweiten Einsatz genau erkennen können, ob du an den Baustellen gearbeitet hast, die sie dir beim ersten Einsatz genannt haben." Zusätzlich finden regelmäßige Online-Meetings nur mit dem Anschlusskader statt.
Friedel/Hermann wollen die Chance, die sich ihnen bietet, unbedingt ergreifen. "Wir wollen kontinuierlich an uns arbeiten", sagt Friedel. Der erste Einsatz war mit einer wackligen roten Karte und der Hinausstellung eines falschen Spielers durchaus haarig. "Der Coach hat uns klipp und klar gesagt, dass uns so etwas auf diesem Niveau nicht passieren darf", sagt Herrmann. Sie wollen daraus lernen, denn "man lernt mehr, wenn es hart ist, als wenn es so dahinplätschert."
Außerdem wollen sie einen Fall möglichst unbedingt vermeiden: Das 3. Jahr im Anschlusskader. "Das wäre eine Do-or-Die-Situation, da entsteht richtig Druck", sagt Herrmann. "Wir wollen jetzt ein Jahr nur auf uns gucken und lernen - und so stark genug werden, um im zweiten Jahr um den Aufstieg zu kämpfen." Es wäre der nächste Schritt in den Fußstapfen ihrer Vorbilder.
jun