16.10.2024, 11:17
Paul Drux als Negativbeispiel
Paul Drux muss mit 29 seine Karriere beenden, Hans Lindberg dagegen spielt noch mit 42: Während der eine Spieler seine Laufbahn ohne schwere Verletzung übersteht, fallen andere immer wieder aus. Welche Faktoren beeinflussen die Verletzungsanfälligkeit?
Meniskusriss, Kreuzbandriss, Achillessehnenriss, Schulter-OP und Sprunggelenk: Es gab kaum eine schwere Verletzung, die Paul Drux nicht durchleiden musste. Ein irreparabler Knieschaden zwang den Rückraumspieler mit nur 29 Jahren zum Karriereende.
Sein langjähriger Mannschaftskollege Hans Lindberg blieb hingegen von einer ähnlichen Verletzungsmisere verschont, lieferte über Jahre wie eine Maschine ab und spielte mit 42 Jahren noch bei den Olympischen Spielen.
Welche Faktoren tragen dazu bei, dass sich ein Spieler immer wieder verletzt - und als verletzungsanfällig gilt - und der andere gesund bleibt?
Dr. Frowin Fasold, Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule Köln, spricht von einem Zusammenspiel aus drei Bereichen, die dafür entscheidend sind: Die genetischen Voraussetzungen, der Spielertyp und das Spielgefühl.
"Menschen bringen unterschiedliche genetische Veranlagungen mit, und damit ist beispielweise auch die Beschaffenheit der Muskulatur unterschiedlich", erklärt er. "Bei einem Spieler hält diese daher einer Belastung stand, während die Muskulatur eines anderen Spielers bei derselben Belastung reißt."
Auch der Spielertyp spielt natürlich eine Rolle. "Paul Drux stand für ein zweikampfbetontes Spiel, das war seine Stärke", sagt Fasold. "Da ist das Verletzungsrisiko durch die hohe Belastung aber natürlich größer als bei anderen Spielern, die ein weniger intensives Spiel haben."
Der dritte Faktor ist das Gefühl für das Spiel: Wie spielt ein Spieler auf dem Feld? "Es ist faszinierend, Spielern wie Andy Schmid oder Mathias Gidsel zuzuschauen", veranschaulicht Fasold. "Sie haben ein extrem gutes Gefühl für Raum und Zeit auf dem Spielfeld, für die Distanz zur Abwehr. Sie treffen daher gute Entscheidungen, welchen Kontakt sie nehmen und wann sie ihn vermeiden - und sparen sich so immer wieder Auseinandersetzungen, die Kraft kosten."
Zu hundert Prozent verhindern kann man eine Verletzung nie; allerdings lassen sich Vorsorgemaßnahmen treffen. "Zahlreiche Studien belegen, dass Trainings- und Aufwärmprogramme zur Prävention von Verletzungen im Handball wirksam sind", schreibt beispielsweise die Stiftung Sicherheit im Sport und verweist auf die vom IOC mitentwickelte App "GET SET" oder das neuromuskuläres Aufwärmprogramm "Kniekontrolle". "Prävention muss auch Spaß machen, um zu funktionieren", heißt es im Fazit."Präventive Übungen können nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn sie richtig und vor allem regelmäßig durchgeführt werden."
Julia Nikoleit