24.12.2024, 13:48
Vom Kapitän zur "Unperson"
Wolfgang Böhme ist ein wohlbekannter Name in den Handball-Geschichtsbüchern, obwohl von der DDR alles versucht worden war, um den einstigen Weltklasse-Spieler in Vergessenheit geraten zu lassen. Am heutigen Heiligabend feiert der einstige Spielführer der DDR-Nationalmannschaft seinen 75. Geburtstag.
"Böhme - eine deutsch-deutsche Handballgeschichte", niedergeschrieben nach Teilen des Tagebuches des Linkshänders durch Erik Eggers, und die Filmdokumentation des RBB Fernsehen "Liebe, Handball, Kalter Krieg" widerspiegeln seine wechselvolle Geschichte.
Da geht es um sportliche Erfolge, wie Teilnahme an der Olympiade 1972 in München, die Privilegien nach Platz zwei und drei bei den WM von 1974 sowie 1978, nationale Titel mit Empor und das Europacupfinale gegen den TV Großwallstadt. Mitten drin der zu seiner weltbeste Rechtsaußen und auch Rückraumakteur.
"Drei Jahre hatte ich DDR- und Oberliga-Verbot. Später hatte ich dann noch meinen Heimatort Heringsdorf in die DDR-Liga hochgeworfen. Ich durfte aber nur noch in der Bezirksliga spielen." Sein Klub Empor Rostock hatte ihn zwischenzeitlich ausgeschlossen, 2008 wurde er dann vom Nachfolger rehabilitiert.
Wolfgang Böhme hatte seine Laufbahn im Profi-Handball abgehakt. Dabei hätte es auch alles ganz anders kommen können. "Wir waren damals beim Ostsee-Pokal in der BRD. Dort habe ich ein gutes Turnier gespielt und es wurde vom THW Kiel versucht, mich abzuwerben", erinnert sich Böhme und fügt hinzu: "Ich bin aber wieder zurückgefahren."
Vieles hat Böhme in seinem Tagebuch dokumentiert. Die "blauen Pillen" zum Muskelmassenaufbau, den Rauswurf aus dem SCE, dem Nationalteam, den Finalabend, als die DDR ohne ihren sonstigen Kapitän in Moskau Gold gewann, "wie bei mir im Lütten-Kleiner `Szczecin` damals richtige Bäche an Tränen flossen. Ich war echt am Ende, meine Karriere als Sportler und Trainer auch." Japan wollte den von den DDR-Oberen Geschassten 1982 als Nationalcoach - abgelehnt, einen Böhme gibt es bei ihnen nicht mehr.
Einigermaßen Seelenfrieden fand der Heringsdorfer eigentlich erst in der Schweiz. Schon vor der Ausreise mit der früheren Sprinterin Karin Güttler verheiratet, hatte ihn sein Zwillingsbruder 2004 aus Bückeburg nach Basel gelotst, trainierte Böhme dort mehrere Vereine.
chs