20.07.2024, 08:30
Im Handball einmalig
Erst einmal durfte eine Handballerin das Team Deutschland bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele als Fahnenträgerin vertreten. Vierundvierzig Jahre ist das nun her. Einem Handballer wurde diese Ehre noch nicht zuteil. Wer also war Deutschlands einzige Handball-Fahnenträger-Vertretung?
1980 war Kristina Richter bei den Olympischen Spielen in Moskau Fahnenträgerin für die DDR. Damit war sie nicht nur die erste (und einzige) Handballerin, sondern generell die erste deutsche Mannschaftssportlerin, die diese Rolle einnehmen durfte.
"Ich konnte das erst nicht fassen. Wirklich ich? Das war Wahnsinn. Aber überhaupt: Olympische Spiele sind was ganz Einmaliges", wird Kristina Richter auf der Seite der Sporthilfe Hall of Fame des deutschen Sports zitiert. "Da siehst du die ganze Vielfalt des Sports, triffst im olympischen Dorf Leute, die du nur aus dem Fernsehen kennst und rätselst manchmal, wer das ist. Olympia ist wirklich das Größte."
Kristina Richter wurde 1946 als Kristina Hochmuth in Zwickau geboren. Zunächst verschrieb sie sich der Leichtathletik und galt als großes Talent im Mehrkampf. 1963 kam sie dann zum Handball - ihrem Bruder sei Dank.
Dieser trainierte eine Handballmannschaft, welche allerdings zu wenig Spieler hatte, sodass Schwester Kristina aushelfen musste und schnell den Spaß am Handball fand. So begann sie bei der BSG Aktivist Karl Marx Zwickau (heute BSV Sachsen Zwickau) mit dem Handballspielen und war auf Rückraum Mitte heimisch.
1965 wechselte Richter zum Berliner TSC und blieb diesem Verein bis zu ihrem Karriereende 1980 treu. Von 1998 bis 1992 kehrte sie für den SV Berliner Verkehrsbetriebe in der ersten und zweiten Liga noch einmal auf das Spielfeld zurück.
Nach ihrem Karriereende betreute die heute 77-Jährige bis 2014 Nachwuchsmannschaften beim Berliner TSC. Noch heute ist sie dort Mitglied des Ältestenrates.
Schon 1966 debütierte die Rechtshänderin in der Nationalmannschaft der DDR. In 235 Länderspielen, mit denen sie auf Platz 10 der meisten Länderspiele für Deutschland steht, erzielte sie 880 Tore und wurde damit zur Rekordtorschützin bei den Olympischen Spielen sowie Welt- und Europameisterschaften.
"In den 1970er Jahren galt Kristina Richter in der Fachwelt als beste Handballspielerin der Welt", schreibt die Sporthilfe Hall of Fame des deutschen Sports. Auch der DOSB spricht von der "weltbesten Handballspielerin ihrer Zeit". Ein Blick auf ihre Erfolgsliste bestätigt diesen Eindruck.
Mit dem Berliner TSC wurde Kristina Richter vier Mal DDR-Meisterin (1974, 1977, 1979 und 1980) und holte außerdem vier Mal den FDGB-Pokal der DDR (1977, 1978, 1979 und 1980). 1977 und 1979 gewann sie den Europapokal der Pokalsieger sowie 1978 den Europapokal der Landesmeister. Mit der DDR konnte sie drei Mal die Weltmeisterschaft gewinnen (1971, 1975 und 1978). 1978 krönte sie sich zudem zur Torschützenkönigin.
Bei den Olympischen Spielen holte Richter 1976 in Montreal Silber. Kurz vor ihrem Karriereende belohnte sie sich bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau nach der Ehre als Fahnenträgerin auch noch mit der Bronzemedaille. Es folgte die Wahl zur DDR-Handballerin des Jahres 1980.
2016 wurde Kristina Richter als erste und bisher einzige Handballerin in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen. Mit Bernhard Kempa, Heiner Brand, Joachim Deckarm und Erhard Wunderlich wurde diese Ehre zudem vier Handballern zuteil.
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