30.01.2024, 11:56
Knorrs beißende Selbstkritik hallt nach
Bei der Heim-EM lag große Verantwortung auf den Schultern von DHB-Spielmacher Juri Knorr. Nach dessen beißender Selbstkritik wollte Bundestrainer Alfred Gislason zum Abschluss des Turniers etwas klarstellen.
Aus Köln berichtet Maximilian Schmidt
Es waren Worte, die auch nach dem Ende der ersten Handball-EM in Deutschland noch immer für Gesprächsstoff sorgten. Juri Knorr hatte nach seinem Auftritt im Halbfinale gegen Dänemark beißende Selbstkritik geübt. Für das Schweden-Spiel hatte der junge deutsche Spielmacher angekündigt, "nochmal über diesen Punkt" gehen zu wollen. In der Anfangsphase aber überdrehte Knorr und wurde mit null Toren aus vier Würfen von Bundestrainer Alfred Gislason ausgewechselt.
Nach dem Seitenwechsel steigerte sich Knorr wie die gesamte deutsche Mannschaft, er konnte das Ruder aber nicht mehr herumreißen und erfüllte wohl auch erneut die Erwartungen an sich selbst nicht. Gislason berichtete auf der Pressekonferenz von einem Gespräch mit seinem Mittelmann: "Er kam zu mir nach dem Dänemark-Spiel und wollte sich irgendwie entschuldigen. Ich habe seine Leistung aber ganz anders gesehen. Ich war weit nicht so unzufrieden wie er."
Knorr, der drittbester Torschütze bei dieser EM war und ins All-Star-Team des Turniers gewählt wurde, sei immer noch erst 23 Jahre alt. "Seit zwei, drei Jahren prasselt von der Presse alles auf ihn ein", haderte Gislason: "Die Leute sehen ihn als den Retter der Nation, aber das ist er nicht."
Gislason nannte Knorr einen "sehr talentierten" Spieler, der "immer besser und besser wird". Die hohe Erwartungshaltung und wie Knorr damit umgeht, sei für die Performance des Rechtshänders allerdings nicht förderlich. "Ich habe schon gemerkt, dass er sich selbst extrem oder sogar viel zu viel unter Druck setzt. Das kommt auch ein bisschen von außen, dass er da einfach nie locker bleiben kann."
Das Schweden-Spiel zeige, wohin das führen kann. "Man hat gesehen, dass er zu schnell zu viel wollte", so Gislason. Nach der Pause schenkte ihm der Bundestrainer erneut das Vertrauen. "Juri weiß, was ich von ihm halte. Ich habe ihm einfach gesagt, dass er wieder reinkommt", erklärte Gislason, der ehrlicherweise eingestand, dass der unmögliche Abwehr-Angriff-Wechsel von Vertreter Philipp Weber die Entscheidung beeinflusste.
Knorr selbst sagte, dass er versuche, "nicht so viel zu lesen von dem, was geschrieben wird. Aber ganz ausblenden kann man das nicht. Es ist unmöglich, wenn so viel geschrieben und geredet wird." Die Aufmerksamkeit einer Heim-EM machte ihm ganz offensichtlich zu schaffen. "In den letzten Monaten war es auch ein bisschen viel. Ich bin kein Typ, der das komplett genießt."