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    Jugend-Bundesliga Handball

    11.03.2024, 13:13

    "Learn Handball" präsentiert:

    Die 99 Prozent kommen zu Wort: Dagmar Deupmann (SuS Neuenkirchen)

    Rund 4.200 Handball-Vereine gibt es in Deutschland, doch nur ein geringer Prozentsatz bewegt sich davon im Spitzenhandball. Der Großteil leistet die so wichtige Basisarbeit: In den Vereinen landauf, landab werden Kinder für den Handball begeistert, gehen die Amateure mit viel Leidenschaft dem Handball nach, sammeln junge Trainer ihre ersten Erfahrungen. Ohne diese Breite wäre die Spitze nicht denkbar. Mit ihrer Trainings-App "Learn Handball" wollen Andy Schmid, Bjarte Myrhol und Viktor Glatthard genau diese Vereine unterstützen. Einer von ihnen ist der SuS Neuenkirchen.

    Gruppenfoto SuS Neuenkirchen
    Abteilungsleiterin Daggi Deupmann lobt das Engagement in der Handballabteilung des SuS Neuenkirchen. SuS Neuenkirchen

    Der Verein aus dem Handballkreis Münsterland hat aktuell elf Jugendmannschaften im Spielbetrieb - sieben weibliche und vier männliche Teams - sowie sechs Minimannschaften, in denen die Jüngsten den Handball erlernen. Außerdem spielen je drei Herren- und Damenmannschaften in dem Verein. Abteilungsleiterin Daggi Deupmann berichtet im Interview von der Situation in dem Verein.

    Daggi, wie ist die Situation bei euch im Verein?

    Daggi Deupmann: Insgesamt sind wir sehr zufrieden - gerade im jüngeren Bereich. Mit den sechs Miniteams sind wir wirklich hervorragend aufgestellt. Wir haben angefangen, so intensiv schon um Minis zu werben, weil wir keine männliche A- und B-Jugend haben. Das ist ein Zustand, der nicht schön ist und den wir aus eigener Kraft beheben wollen.

    Woran liegt es aus deiner Sicht, dass die beiden Altersklassen "fehlen"?

    Die kleinen Kinder sind nach Corona wiedergekommen und in die Hallen geströmt, aber die älteren Jugendlichen sind uns weggebrochen. Wir gehen davon aus, dass sie andere Hobbys gefunden, oder wegen der langen Quarantäne-Phasen keine Lust mehr auf Verpflichtungen haben. Bei der männlichen Jugend merkten wir das ganz verstärkt. Im weiblichen Bereich sind auch einige Mädels weggeblieben, aber da haben wir immerhin noch jeweils eine Mannschaft in den beiden Altersklassen.

    Jetzt wollen wir nach und nach so viele Kinder gewinnen, dass wir in einigen Jahren wieder eine männliche A- und B-Jugend stellen können. Das ist das große Ziel. Daher stärken wir aktuell den unteren Bereich, denn wenn viele Minis beim SuS aktiv sind, ist die Chance auf volle Jugend-Mannschaften auch höher. Vor allem der männliche Bereich ist aktuell unsere Baustelle.

    Im weiblichen Bereich seid ihr hingegen durchgehend besetzt?

    So ist es - und das setzt sich sogar im Seniorenbereich fort! Wir haben im Sommer eine 3. Damen gegründet, das läuft hervorragend. Es sind inzwischen 30 bis 35 Spielerinnen, die Stimmung klasse und die Damen stehen sogar sehr erfolgreich und souverän auf dem 2. Tabellenplatz ihrer Liga.

    Dass es diese Mannschaft überhaupt erst gibt, verdanken wir unserem SuS-Handball-Nachwuchs im weiblichen Bereich. Wir hatten einen Zuwachs von knapp 50 Spielern im vergangenen Jahr und auch die anderen Abteilungen des SuS wachsen.

    Wir machen viel zusammen, damit wir eine gemeinsame Lobby gegenüber der Gemeinde haben. Das läuft wirklich gut, wir haben eine gemeinsame Weihnachtsfeier veranstaltet und die Fußballer kommen zu den Handballern und die Handballer gehen zum Fußball - zumindest, wenn es nicht regnet (lacht).

    Wenn Spielerinnen und Spieler in bestimmten Altersklassen fehlen, schließen sich Vereine oft zu Spielgemeinschaften zusammen. Das war keine Option?

    Wir haben ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu all unseren Nachbarvereinen. Und tatsächlich bestand während der Corona-Zeit eine Kooperation mit dem TV Emsdetten in der männlichen A-Jugend. Der TVE fördert Leistungssport auch sehr, weshalb von uns immer mal wieder gute Spieler und Spielerinnen wechseln. Gegen eine längerfristige Spielgemeinschaft spricht aber vor allem die Struktur  bzw. die Infrastruktur unserer Umgebung. Zum TVE sind es 17 Kilometer - eine lange Strecke für Jugendliche ohne Führerschein und einem nur stündlich fahrenden Bus.

    Unser zweiter Nachbar Wettringen hat keine Jungsmannschaften. Und in Rheine, der größten Stadt bei uns, fünf Kilometer weg, gibt es gar keinen Handball in der Jugend. Herausragende Mädchen wechseln manchmal zu Vorwärts Wettringen. Sowohl Wettringen als auch Neuenkirchen sind mitgliederstarke Traditionsvereine und da ist eine Spielgemeinschaft sowohl beim Fußball als auch beim Handball schwer vorstellbar. Vor allem möchte auch keiner die Derbys missen.

    Um mehr Nachwuchs für unsere älteren Jugendmannschaften zu gewinnen, haben wir gerade eine Kampagne aufgelegt, um die Lücke zu schließen. Wir kooperieren mit einer Schule, die Lehrer sind begeistert und wir versuchen, auch über Flyer und Instagram noch ein paar Kinder zu gewinnen. Nächste Saison wird eine männliche B-Jugend an den Start gehen, aber sie ist dünn besetzt und wir brauchen unbedingt noch Spieler, damit die Jungs bis zu den Senioren durchkommen.

    Wie ist die Trainersituation? Dass es zu wenig Ehrenamtliche gibt, bereitet ja vielen Vereinen Bauchschmerzen.

    Wir haben für die neue Saison schon alle Mannschaftsverantwortlichen besetzt. Die Mannschaften, die unbesetzt gewesen wären, konnten wir über Handball-Eltern - Väter und Mütter, welche früher selbst gespielt haben und sich jetzt engagieren - auffangen. Wir haben auch viele Seniorenspieler, die höher gespielt haben und jetzt zurückkommen. Einen B-Lizenz-Trainer hat es der Liebe wegen in unseren Ort verschlagen und wir konnten ihn überzeugen. Wir haben aber auch viele Jugendliche, die bei den Kleinen einsteigen.

    Viele Jugendliche und Eltern als Trainer: Ist das ein Grund, warum ihr euch für "Learn Handball" entschieden habt?

    Genau. Wir haben es vor zwei Jahren gekauft, weil wir dort den ersten Schub an langjährigen Handballern und Eltern hatten, die sich engagieren wollten. Diesen Trainer-Neulingen wollten wir etwas an die Hand geben und seitdem bekommen alle Trainerinnen und Trainer einen Zugang. Für die Trainingsvorbereitung ist Learn Handball eine super Unterstützung. Wir haben zudem auch die Zeitschriften vom Philippka-Verlag und ermöglichen den Trainern wertvolle Lehrgänge. Das ist mir persönlich sehr wichtig, dass sie dort erleben, wie andere Trainer arbeiten. Und die jungen Trainer schauen natürlich auch oft auf Instagram, wo man auch viele gute Inhalte findet.

    Warum engagierst du dich für den Verein?

    Ich kann nicht anders (lacht). Es macht mir Spaß und ich kann es nicht ertragen, wenn Stillstand ist. Ich bin auch einfach ein Typ, der gut organisieren kann. Ich bin 2005 hierhin gezogen und 2012 Abteilungsleiterin geworden. Erst habe ich die ganzen Strukturen nicht verstanden und nicht eingesehen, warum ich zu Kreis- und Verbandssitzungen gehen soll und dachte, ich muss mich um meinen Verein kümmern.

    Die ersten vier Jahre waren daher eigentlich eine komplette Verschwendung (schmunzelt). Ich musste erst einmal in die Aufgabe reinfinden und verstehen, was das alles bedeutet. Zusätzlich hatte ich auch überhaupt kein Netzwerk, das hat es am Anfang auch sehr schwer gemacht. Inzwischen hat sich der Blickwinkel erweitert und jetzt mache ich weiter, weil es läuft. Außerdem haben wir ein super Team im Abteilungsvorstand und ich habe viele Freunde im Verein gefunden.

    Du hast schon gesagt, dass ihr irgendwann wieder durchgängig besetzt sein wollt. Was ist noch ein Ziel von dir?

    Wir wollen uns mit den beiden ersten Mannschaften unbedingt in der Landesliga etablieren. Das ist ein wichtiges Ziel, damit unsere Jugendlichen hier später auf einem guten Niveau Handball spielen können. Es wird allerdings sowohl für die Männer als auch für die Frauen schwierig, denn der Auf- und Abstiegsmodus ist verrückt.

    Wir wissen aktuell noch nicht einmal, wie die Regularien sind und wie viel Teams wirklich absteigen müssen. Das ist diese Saison durch die Einteilung nicht gut gelöst. Wir fahren mit den Männern 3.300 Kilometer in der Landesliga und spielen nicht gegen die Teams, die teilweise nur 20 Minuten entfernt sind. Das nimmt natürlich leider auch den Derbycharakter. Dennoch: Das Ziel ist jetzt erst einmal der Nicht-Abstieg!

    Abschließend: Du schwärmst von der Stimmung im in der Handballabteilung und auch eine männliche B-Jugend meldet ihr zur neuen Saison wieder. Was gibt es vielleicht noch, wo du sagst: Darauf können wir stolz sein?

    Wir haben viele Jahre lang hohe Strafen für fehlende Schiedsrichter bezahlt. Dann haben wir verstärkt bei unseren Jugendlichen geworben und letztes Jahr beim SuS-Handball sieben neue Schiedsrichter gewinnen können. Drei sind aktuell gerade in der Ausbildung, sodass wir künftig knapp 20 Schiedsrichter haben werden - und das erste Mal im Plus sind und keine Strafe mehr zahlen müssen!

    Es ist generell unfassbar, wie viele Menschen sich bei uns im Verein in der Handballabteilung und in der Fußballabteilung engagieren. Wir sind neben den Schiedsrichtern 15 Leute in der Handballabteilungsführung und haben mit allen Co-Trainern, Übungsleitern und Betreuern 64 Mitglieder im Trainerteam. Das ist einfach stark!

    Stolz bin ich darauf, dass es deutschlandweit immer weniger Ehrenamtliche gibt und wir hier in unserem Dorf dem Trend deutlich entgegensetzen. Mein Wunsch ist, dass die Politik dieses mehr wahrnimmt und wertschätzt, da wir hier vor Ort mit einen großen Anteil an der Erziehung und der Wertevermittlung einnehmen.

    PM Learn Handball