23.05.2024, 16:00
"Nur gemeinsam lässt sich im DHB Sinnstiftendes erreichen"
"Wer ist überhaupt der DHB", hatte sich Stefan Kretzschmar zuletzt angesichts einiger Entscheidungen des Verbands gefragt. Der Vorstandsvorsitzende Mark Schober beantwortete diese und weitere Fragen zur Struktur im Interview. Er betont: "Nur gemeinsam lässt sich im DHB Sinnstiftendes erreichen."
"Dieser DHB... Ich weiß nicht, was wir mit dem machen sollen. Ich weiß auch nicht, wer sich da was denkt, wer dort was entscheidet", so Stefan Kretzschmar nach der Entscheidung des Deutschen Handballbundes, den Vertrag mit Vorstand Sport Axel Kromer nicht zu verlängern. Deswegen habe er auch "keine Ahnung, was ist überhaupt der DHB? Wer ist überhaupt der DHB?", so Kretzschmar weiter.
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Wir haben die Frage weitergereicht an Mark Schober. Der heute 51-Jährige arbeitet seit 2014 für den DHB - erst als Generalsekretär, seit der Strukturreform 2017 als Vorstandsvorsitzender. In diesen Rollen erlebt er den stetigen Wandel und die Professionalisierung des Verbandes. Auch mit Blick auf die anstehenden Veränderungen im Vorstand gibt Schober im Interview Antworten.
Wer entscheidet was im Deutschen Handballbund?
Mark Schober: Wie viel Platz haben wir für die Antworten? Da sind viele Menschen, in verschiedenen Gremien, mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten. Und Kern aller Prozesse sind Beschlüsse auf der Basis von Mehrheiten.
Ich habe persönlich Verständnis für die zum Teil emotionalen Reaktionen einiger Funktionsträger aus den Vereinen, aber diese sind in den Klubs einfach in einer komplett anderen Rolle und kennen den DHB - größtenteils - nur aus der Außensicht.
Aber nur gemeinsam lässt sich im Deutschen Handballbund im Interesse aller Beteiligten und des Sports etwas Sinnstiftendes erreichen - daher ist es gut, die aktuellen Diskussionen zu versachlichen und sich der föderalen, demokratischen Struktur unseres Verbandes bewusst zu sein.
Dann..., bitte!
Mark Schober: Da gibt es eine Historie vor und nach Oktober 2017. Früher sind fast alle Entscheidungen - sowohl operativ als auch strategisch - in den ehrenamtlichen Gremien getroffen worden. Vor bald sieben Jahren ist beim Bundestag, der Mitgliederversammlung und dem damit höchstem Gremium des DHB, in Berlin einstimmig die Strukturreform beschlossen worden.
Kern ist die Einführung eines hauptamtlichen Vorstandes mit vereinsrechtlicher Verantwortung nach § 26 BGB und die damit einhergehende Rollenanpassung des Präsidiums hin zu einem Kontrollorgan als Aufsichtsrat.
Also, das Präsidium…
Mark Schober: … bestimmt gemeinsam mit dem Vorstand die Strategie des DHB, also die großen Leitlinien. Ein laufend sichtbares Ergebnis ist das Jahrzehnt des Handballs, und als eine Orientierung für unser aller Arbeit dient die verabschiedete Verbandsstrategie Perspektive 2030 mit der Vision, "Die Relevanz des Handballsports" zu steigern.
Zudem genehmigt das Präsidium seit 2017 den Haushalt des DHB, ist zuständig für die Besetzung des hauptamtlichen Trainerpersonals der A-Nationalmannschaften sowie die Berufung des Vorstandes. Der Präsident repräsentiert den DHB. Vertreten im Präsidium sind die Ligen, die Landesverbände und die Vorsitzende der Gleichstellungskommission sowie ein Vertreter der Jugend.
Und der Vorstand?
Mark Schober: Der kümmert sich um das gesamte, aus der Strategie erwachsende operative Geschäft. Früher haben sich Vizepräsidenten manchmal selbst um die Organisation von Veranstaltungen - inklusive Logistik und des kompletten Rahmens - gekümmert. Das lösen wir inzwischen mit unseren Teams.
Wir gestalten unsere Ressorts auch personell so, wie es dem Bedarf zur Zielerreichung entspricht und in den vom Präsidium genehmigten Haushaltsrahmen passt. Vorstand und Präsidium entwickeln gemeinsam die Strategie, anschließend obliegt die Umsetzung dem Vorstand und der gewachsenen DHB-Mannschaft mit etwas mehr als 60 hauptamtlichen und über 100 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Details sind in Geschäftsordnungen transparent geregelt.
Wie hat sich Ihre Arbeit geändert seit 2014?
Mark Schober: Ich bin in einer Zeit des Wandels zum Deutschen Handballbund gekommen und habe erlebt, wie die Arbeit schneller, intensiver und umfangreicher, sprich: effizient und effektiv geworden ist. Und - bei aller Wertschätzung gegenüber früheren Generationen - absolut professionell. Was früher eines Präsidiumsbeschlusses bedurfte, kann inzwischen der Vorstand regeln.
Die überaus positive Entwicklung des DHB ist Beleg dafür, dass der Weg richtig für den Verband und damit für den Handball war und ist. Seit 2014 haben sich die Sponsoringeinnahmen verdreifacht, und der Gesamtumsatz beträgt mit 18 Millionen Euro das Vierfache. Wir haben unter anderem die Mitgliederentwicklung etabliert, die erfolgreichste Handball-Europameisterschaft der Geschichte organisiert und die Strukturen im Leistungssport optimiert, so dass erstmals nach 16 Jahren wieder beide A-Nationalmannschaften für die Olympischen Spielen 2024 qualifiziert sind.
Wer ist also der DHB?
Mark Schober: Unsere Kernbotschaft sagt es aus: Der DHB sind WIR. IHR. ALLE. Das ist unser gemeinsames, gelebte Selbstverständnis. Wir haben gerade vor allem über die Führungsgremien geredet. Aber die Mit-Macher, die Verantwortung übernehmen und sich engagieren, gibt es auf allen Ebenen, beginnend bei der Vereinsbasis. Alle haben ein gemeinsames Ziel: den Handballsport konsequent weiterzuentwickeln.
Wie haltbar sind die aktuellen Strukturen?
Mark Schober: Ein Sportverband ist ein sehr dynamisches Gebilde. Hier kommen engagierte Menschen mit vielen Ideen, persönlicher Motivation, Emotionalität und enormer Energie zusammen. Das spüren wir gerade im Jahrzehnt des Handballs. Wir müssen uns ständig auf allen Ebenen hinterfragen und prüfen, ob unsere Ideen und unser Handeln von heute auch in Zukunft die Basis für Erfolg schaffen können, um uns noch professioneller aufzustellen. Ausruhen können und werden wir uns auf keinen Fall.
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