15.01.2024, 15:30
"Idealkonstellation" zwischen den Pfosten
David Späth hüpfte wie ein Flummi auf und ab, der deutsche Handball-Torhüter spannte jeden seiner Muskeln an, den Mund riss er weit auf. "Ich mache mir manchmal Sorgen, dass er irgendwann einmal umkippt", sagte Juri Knorr über die Jubelsprünge nach den Paraden seines Teamkollegen und guten Freundes lachend: "Ich freue mich einfach, wenn David David ist."
David war David gegen Nordmazedonien. Mit sechs Paraden und seiner ekstatischen Freude zeigte der U21-Weltmeister beim zweiten EM-Sieg (34:25) eindrucksvoll, was er Deutschlands Handballern und auch dem Publikum geben kann. Die Euphorie, die der 21-Jährige nach Paraden ausstrahlt, ist förmlich ansteckend. Timo Kastening sagt: "Ich liebe es, wie er jubelt." Und Bundestrainer Alfred Gislason meint: "Ich werde nie versuchen, ihn einzudämmen."
Späth selbst klingt deutlich gelassener, wenn er über sich und sein Torwartspiel spricht. Laut, energisch, und doch ganz anders als auf dem Feld. Abgeklärt sagte der Torhüter der Rhein-Neckar Löwen: "Ich hoffe, ich bin jetzt im Turnier angekommen." Vor dem ersten echten Kracher beim Vorrundenfinale gegen Frankreich am Dienstag (20.30 Uhr/ARD und Dyn) zur genau rechten Zeit.
Beim Auftaktsieg gegen die Schweiz hatte Andreas Wolff noch überragt, gegen das klar unterlegene Balkan-Team war Späth hinter dem einmal mehr überragenden Knorr der auffälligste deutsche Spieler. "Es ist die wichtigste Position im Handball. Hast du Paraden, gewinnst du Spiele. Es ist super, dass beide Torhüter jetzt drin sind", sagte Linksaußen Lukas Mertens.
Späth, darüber sind sich Fachleute einig, gehört die Zukunft. Der 1,97-Meter-Mann, Cousin des Models Stefanie Giesinger, hat nach dem Pokal-Coup mit den Löwen und dem WM-Triumph mit der U21 im Vorjahr einen steilen Aufstieg hinter sich. Für die Heim-WM 2027 müsse man Späth "auf dem Zettel haben", hatte DHB-Nachwuchscoach und Ex-Bundestrainer Martin Heuberger vor einem Dreivierteljahr noch gesagt. Er irrte - aber nur, was den Zeitpunkt angeht.
Auch sein Entdecker und Förderer Daniel Haase (wir berichteten) hält große Stück auf Späths Persönlichkeit: "Jeder, der ihn kennt, würde sagen, dass er ein ziemlich empathischer, euphorischer Typ ist, der sein Hobby lebt. Er hat den richtigen Weg für sich gefunden mit dem Druck umzugehen. Und das entlädt sich dann am Wochenende auf dem Spielfeld. Aber das ist total authentisch. Privat ist David eher der ruhige Typ."
Auch Wolff konnte am Sonntagabend gut damit leben, mal nicht der Held zu sein: "Das ist keine One-Man-Show." Ohnehin schätzt das deutsche Torwart-Duo - hier der erfahrene und inzwischen gelassenere Wolff, da der aufbrausende Grünschnabel Späth - einander ungemein. "Ich finde, er ist ein fantastischer Torhüter, ein Riesentalent. Ich denke, irgendwann wird er einer der besten Torhüter der Welt sein", prognostiziert Wolff. Alfred Gislason sagt über sein Torwart-Gespann: "Das Duo funktioniert sehr gut. David ergänzt sich super mit Andi."
Henning Fritz, selbst sowohl Europameister 2004 wie auch Weltmeister 2007, sieht die deutsche Handball-Nationalmannschaft auf der Torhüterposition für die Heim-Europameisterschaft "sehr gut aufgestellt". Das Duo mit dem routinierten Andreas Wolff und U21-Weltmeister David Späth "ist auch meine Idealkonstellation. Das ist perfekt", sagte Fritz der Deutschen Presse-Agentur (wir berichteten).
Nichtsdestotrotz: Gegen die Franzosen wird Gislason wohl wieder zu Beginn auf die Erfahrung setzen. Und Späth will auf der Bank bereit sein. Dessen ist sich auch Knorr, mit dem sich Senkrechtstarter Späth ein Zimmer teilt, sicher. "Ich glaube, wir haben heute nur die Spitze des Eisbergs gesehen. Ich glaube, er ist noch zu ganz anderen Dingen imstande", sagte Knorr, korrigierte sich aber sofort: "Nein, ich glaube es nicht nur. Ich weiß das."
chs, SID, red