01.07.2024, 09:37
Japanischer Konzern löst Liqui Moly als Namensgeber ab
Daikin wird neuer Namensgeber der Handball-Bundesliga (HBL) und investiert damit in Deutschland erstmals großflächig ins Sportsponsoring. Ist das erst der Anfang?
Jetzt also Daikin: Die Handball-Bundesliga (HBL) bekommt im Sommer zum vierten Mal einen neuen Namen. Und der ist von globalem Format: Der 1924 im japanischen Osaka gegründete Mutterkonzern Daikin Industries gehört nach eigenen Angaben zu den weltweit führenden Anbietern in den Bereichen Heizung, Klimatisierung, Lüftung, Luftreinigung und Kälteerzeugung. Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr: 28,2 Milliarden Euro. Mitarbeiter: 96.000.
Zum Vergleich: Der bisherige Namensgeber Liqui Moly, der seit 2018 zur Würth-Gruppe gehört, erzielte mit weltweit 1100 Mitarbeitern im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von 917 Millionen Euro.
Das HBL-Sponsoring von Daikin wird aus der Deutschland-Zentrale in Unterhaching heraus gesteuert und finanziert. Die dort ansässige Daikin Airconditioning Germany erwirtschaftete zuletzt einen Jahresumsatz von über 300 Millionen Euro - und scheint investitionsbereit.
"Das umfassende Engagement unseres zukünftigen Hauptsponsors ist auch wirtschaftlich sehr attraktiv und einmalig in der Geschichte des deutschen Handballs", sagte Liga-Präsident Uwe Schwenker jüngst bei Bekanntgabe des Vertragsschlusses. Das ist mal eine Ansage.
Wie viel sich Daikin das von der Hamburger Agentur Sportfive vermittelte Engagement pro Saison kosten lässt, darüber schweigen sich die Parteien aus. Nach Recherchen des kicker liegt die jährliche Rechtesumme deutlich über fünf Millionen Euro. Das ist im Handball viel Geld, bewegen sich die Gesamtetats vieler der 18 HBL-Klubs doch ebenfalls in diesem Korridor. Doch was steckt hinter dem Investment von Daikin?
Zunächst mal ist die groß angelegte Kooperation mit der Handball Bundesliga für Daikin ein klares Bekenntnis zur Gattung Sportsponsoring. Denn bisher ist das Unternehmen hierzulande im Sport nicht sonderlich groß in Erscheinung getreten. Eine Ausnahme ist die seit über zehn Jahren bestehende Partnerschaft bei den Münchner BMW Open im Tennis.
"Wir wollen als Marke in Deutschland bekannter werden und haben in diesem Kontext das Instrument Sportsponsoring sehr genau analysiert und uns aktiv dafür entschieden", sagt Dirk Wilhelm im Gespräch mit dem kicker. Der 56-Jährige koordiniert die HBL-Partnerschaft bei Daikin.
Einen ersten kleinen Aufschlag von Daikin im Handball hatte es bereits im Mai 2023 gegeben, als die Marke auf niedrigerer Ebene als Partner der HBL und zudem als Sponsor des Deutschen Handballbunds (DHB) eingestiegen war. Für Daikin ist die Namensgeber-Partnerschaft folglich so etwas wie die nächste Evolutionsstufe im Handballsponsoring.
Dass Daikin sich aus der Vielzahl an möglichen Sportarten den Handball herauspickt, ist ebenfalls kein Zufall. Neben den üblicherweise kommunizierten passgenauen Werten, die Unternehmen und Sponsor einen - in diesem Fall gemäß Pressemitteilung: "Fairness, Respekt und Zusammenhalt" -, habe Daikin bei der Auswahl der Sportart laut Wilhelm "auch darauf geachtet, wie wir uns vom Wettbewerb differenzieren können".
Und tatsächlich: Fast alle Konkurrenten investieren insbesondere im Produktsegment der Wärmepumpen in Fußballpartnerschaften. Beispielhaft sind hier in der Bundesliga iDM als Ärmelpartner des 1. FSV Mainz 05, Stiebel Eltron bei Borussia Dortmund und allen voran Viessmann beim FC Bayern München zu nennen.
Nichtsdestotrotz könnte ausgerechnet Viessmann in anderer Hinsicht so etwas wie die Blaupause für Daikins Sponsoringansatz liefern. Denn Viessmann setzt wie kaum eine andere Marke ganzheitlich, kontinuierlich und stringent auch auf eine Werbeplattform abseits des Fußballs - nämlich Wintersport. Der rot-weiße Unternehmensschriftzug ist in Sportarten wie Skispringen und Biathlon omnipräsent, erste Wintersport-Partnerschaften pflegte Viessmann bereits 1993.
Was für Viessmann der Wintersport ist, könnte für Daikin der Handball werden. "Wir haben uns explizit für eine Partnerschaft mit einer Liga-Organisation sowie mit dem Verband und damit auch gegen einen einzelnen Klub entschieden. Denn wir wollen mit Daikin die gesamte Sportart Handball nach vorne bringen und nachhaltig mit entwickeln", sagt Martin Krutz, Geschäftsführer von Daikin Airconditioning Germany, dem kicker.
Die von Daikin-Manager Wilhelm angesprochene Marken-Präsenz bei Endverbrauchern ist dabei das eine. Darüber hinaus wolle Daikin "Handball als Event-Plattform für persönliche Beziehungen zu Kunden, Partnern und Mitarbeitern nutzen", erklärt Geschäftsführer Krutz. "Ein optimales Produkt und Kundenservice sind Standard und die Basis. Ich möchte gern, dass es darüber hinaus in unserer Kundenbeziehung so richtig menschelt. Und ich habe das Gefühl, dass es in wenigen anderen Sportarten so menschlich wie im Handball zugeht", sagt der Daikin-Deutschlandchef.
Mit Kunden meint Krutz in erster Linie Geschäftskunden. Er sagt: "Wir machen unser Geschäft über den Installateur und wollen die HBL-Partnerschaft dafür nutzen, unsere Fachpartner deutschlandweit über den Besuch von Handballspielen anzusprechen und zu begeistern." Darüber hinaus seien gemeinsame Aktivierungen wie Ticket- oder Merchandising-Verlosungen und Autogrammstunden angedacht.
Gerade die nationale Abdeckung der HBL-Klubstandorte von Flensburg bis Balingen sowie von Solingen bis Berlin spielt Daikin in die Karten. Das Unternehmen zählt in Deutschland 700 Mitarbeiter, die abseits der Unterhachinger Zentrale in verschiedenen Regionalbüros wie beispielsweise in Hamburg Bochum, Düsseldorf, Frankfurt und Stuttgart organisiert sind.
Außerhalb Deutschlands ist Daikin in Mittel- und Osteuropa in 16 Ländern vertreten. Darunter befinden sich viele starke Handballmärkte wie Polen, Slowenien und weitere Balkan-Staaten. Daikin Europe, die Muttergesellschaft von Daikin Airconditioning Germany, mit Sitz im belgischen Ostende hat in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) im Geschäftsjahr 2022 5,2 Milliarden Euro erwirtschaftet - ein Umsatzplus von 20 Prozent.
Wäre vor diesem Hintergrund nicht auch ein länderübergreifendes Engagement im europäischen Handball denkbar? Eine Frage, deren Beantwortung nicht im Entscheidungsspielraum von Deutschlandchef Krutz liegt. "Unser Hauptfokus im Sportsponsoring liegt nun zunächst auf der Partnerschaft mit der HBL", sagt er.
Das Investment von Daikin Airconditioning Germany werde aber "strategisch zu 100 Prozent von Daikin Europe unterstützt und sowohl aus der Zentrale als auch aus einzelnen Märkten mit großem Interesse verfolgt". Nicht auszuschließen also, dass in diesem Fall die Blaupause für weitere Daikin-Sponsorings im Handball hausintern geschaffen wird.
Henning Eberhardt