11.08.2024, 09:15
Heute im Finale der Olympischen Spiele gegen Dänemark
Deutschland kämpft im Finale gegen Dänemark um Olympia-Gold. Kapitän Johannes Golla fiebert dem Anwurf entgegen: "Das wird das größte Spiel unsere Karriere und so wollen wir auch auftreten."
In den Sekunden unmittelbar vor dem (bislang) größten Triumph empfand Johannes Golla noch keine Freude. "Spätestens nach unserem Spiel [gegen Frankreich] freut man sich erst, wenn das Ding wirklich abgepfiffen ist - nicht, dass noch irgendetwas schief geht", lachte der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft nach dem 25:24 gegen Spanien.
Den Iberern sollte so ein Wunder wie Deutschland eine Runde zuvor im Halbfinale jedoch nicht gelingen. "Es war glücklich, dass der geblockte Ball in die Ecke fliegt und sie keinen Abschluss mehr hinbekommen haben", atmete Golla durch.
Und mit dem Abpfiff entlud sich dann die Euphorie: "Es war einfach nur noch Freude", beschrieb der Kapitän den Moment der Erlösung. "Man rennt aufeinander zu und es fällt viel ab, aber irgendwie ist es noch nicht fertig."
Noch nicht fertig: Nahezu jeder deutscher Spieler blickte unmittelbar nach dem gewonnen Halbfinale sofort nach vorne. "Wir sind jetzt sehr, sehr stolz und glücklich, dass wir das Finale erreicht haben, aber natürlich, wenn wir im Finale sind, wollen wir nicht nur dabei sein", unterstrich Golla. "Das wird das größte Spiel unserer Karriere und so wollen wir auch auftreten."
Um 13:30 Uhr (live im ZDF) wird das Endspiel der Olympischen Spiele gegen den dreifachen Weltmeister Dänemark. Zweimal standen die Dänen zuletzt bereits im Finale. 2016 in Rio de Janeiro holten sie den Titel; 2021 in Tokio wurde es die Silbermedaille. "Ich glaube, dass Dänemark sicherlich die beste Handball-Nationalmannschaft der Welt hat", sagte Golla. "Die Dänen sind auch hier als Titelfavorit angereist. Man hat aber auch gesehen, dass die letzten beiden Spiele kein Spaziergang für sie waren."
Das Halbfinale gegen Slowenien hatten die Dänen eigentlich bereits im Griff, doch gaben das Spiel am Ende fast noch aus der Hand. Am Ende stand es 31:30 für den Weltmeister. "Wir haben das Halbfinale Dänemark gegen Slowenien bei uns auf dem Physiozimmer in recht großer Gruppe gesehen und auch den restlichen Olympiatag parallel verfolgt", verriet Golla und betonte: "Da ist auch etwas möglich gegen Dänemark. Wir wollen ein gutes Spiel machen, um den Dänen das Leben nicht zu leicht zu machen."
Das letzte Aufeinandertreffen im Halbfinale der EHF EURO 2024 entschied Dänemark für sich. "Unsere erste Halbzeit war da sehr vernünftig. Wir haben eine starke Abwehr gespielt und den dänischen Angreifern das Leben schon schwer gemacht", so Golla. "Das muss auch jetzt der Ansatz sein." Im zweiten Durchgang musste Deutschland vor einem halben Jahr noch abreißen lassen. Wie läuft es heute?
"Die Dänen haben uns Erfahrung voraus, aber ich glaube, dass wir in einem Spiel jede Mannschaft schlagen können", betonte der Kapitän direkt nach dem Halbfinale. "Wenn unsere Torhüter wieder so performen, wenn wir diesen Spirit reinkriegen und alle füreinander kämpfen, haben wir eine Chance."
Für Golla und viele seiner Mitspieler wird es das erste große Finale in ihrer Karriere sein. Als Andreas Wolff, Kai Häfner, Rune Dahmke und Jannik Kohlbacher 2016 Europameister wurden und später Olympia-Bronze holten, stand Golla noch im Aufgebot der Junioren-Nationalmannschaft, mit denen er Vize-Europameister wurde. Unter Michael Roth absolvierte er seinen ersten Einsatz in der 1. Bundesliga; der erfahrene Coach hatte den in der Jugend am liebsten im Rückraum spielenden Golla zum Kreisläufer gemacht.
Der Schritt erwies sich als goldrichtig: Golla wechselte 2018 zur SG Flensburg-Handewitt, gab 2019 sein Debüt in der Nationalmannschaft und wurde Deutscher Meister mit dem Nordklub, für den er bis heute aufläuft und 2024 die EHF European League gewann. Im November 2021 machte Bundestrainer Gislason den damals 23-Jährigen zum Kapitän der Nationalmannschaft.
Nach dem 5. Platz bei der WM 2023 und dem 4. Platz bei der EM 2024 hat Golla nun die Chance auf seinen ersten Titel als Kapitän. Nach dem gewonnen Halbfinale konnte er es zunächst nicht glauben. "Es ist schön verrückt", sagte er kurz nach dem Abpfiff. "Natürlich haben wir davon geträumt und hart dafür gearbeitet, es war unser großes Ziel, aber jetzt wo es geschafft haben, fühlt es sich unwirklich an."
Er sei schon nach dem Viertelfinalkrimi nachts aus dem Halbschlaf geschreckt und habe sich gedacht: "Es kann nicht sein, was passiert ist", verriet er in der Mixedzone. So ein Moment sei es jetzt wieder: "Wir brauchen noch ein paar stunden, um das zu realisieren. „Es hat noch keiner von uns erlebt, ein olympisches Finale zu erreichen. Das ist nichts, was man planen kann." Bei Pizza und Pasta, organisiert von Teammanager Oliver Roggisch, werde man versuchen, das zu verarbeiten.
Golla und Co. treten mit dem Finaleinzug in die Fußstapfen von HenningFritz, Stefan Kretzschmar und Florian Kehrmann. In Athen musste sich Deutschland dem damals amtierenden Weltmeister Kroatien geschlagen geben. Golla war damals sieben Jahre alt und hat erinnert sich nicht mehr.
"Ich bin ziemlich sicher, dass mein Vater das geguckt hat, weil er handballbegeistert war, aber ich habe die ersten Erinnerungen an die Heim-WM 2007", sagte der Kapitän .Die Spieler sind allgegenwärtig, man kennt sich und tauscht sich aus. Wir hoffen aber natürlich, dass es jetzt nicht die Silbermedaille wird, sondern wir unsere eigene Geschichte schreiben.“
jun