29.05.2024, 15:58
Rekord-Torschütze verlässt den THW Kiel
Wenn Niclas Ekberg den THW Kiel am Ende dieser Saison verlässt, dann hinterlässt er große Spuren. Heute Abend (29. Mai) läuft er im Duell mit dem SC DHfK Leipzig zum letzten Mal in einem Bundesliga-Heimspiel für den THW auf. Im Abschiedsinterview spricht er gegenüber handball-world u.a. über die größte Gänsehaut-Atmosphäre, die er in seiner Kieler Zeit erlebt hat.
In seinen zwölf Jahren im Trikot der "Zebras" knackte der Niclas Ekberg in seiner ihm eigenen, ruhigen Art Rekorde für die Ewigkeit. Der Schwede geht als erfolgreichster Kieler Torschütze aller Zeiten. Am 16. August 2024 erhält er sein eigenes Abschiedsspiel.
Niclas, deine Zeit in Kiel neigt sich nach zwölf Jahren dem Ende entgegen. Was kommt dir als Erstes in den Sinn, wenn Du darüber nachdenkst?
Niclas Ekberg: Es war eine lange Zeit, eine wunderschöne Zeit. Jeder Titel hat etwas Besonderes gehabt und ich habe ja tatsächlich alles gewonnen, was man gewinnen kann. Und allein dafür bin ich sehr dankbar. Mir geht aktuell so vieles durch den Kopf, viele Emotionen beim Blick zurück. Wehmut ist natürlich auch dabei. Man hätte dieses Leben als Handballer hier in Kiel ja gerne für immer gehabt. Aber irgendwann ist eben Schluss, und das habe ich zu akzeptieren.
Du beendest deine Karriere nicht, sondern wechselst in deine Heimat. Wirst du die ganz großen Arenen vermissen?
Ja, vor allen Dingen unsere in Kiel. Ich hatte bei jedem, wirklich jedem Heimspiel Gänsehaut beim Einlaufen. Man gewöhnt sich schnell an Dinge. Aber an diese Kulisse, diese Unterstützung in jedem Heimspiel habe ich mich nie gewöhnt. Das war immer etwas Besonderes, und es wird immer etwas Besonderes bleiben. Das, was ich an Stimmung und Unterstützung vor einigen Wochen gegen Montpellier erlebt habe, war einzigartig. Das toppte alles andere, was ich bis dato an Atmosphäre erlebt hatte. Das war phänomenal.
Hat Kiel gehalten, was du dir von einem Wechsel zum THW versprochen hattest?
Ja, auf jeden Fall. Ich hätte mir nicht mehr wünschen können. Ich habe super lange im größten Verein der Welt spielen dürfen und das fast immer vor ausverkauftem Haus. Und ich durfte viele große Titel mit meiner Mannschaft gewinnen.
Was hast du in Kiel gelernt?
Deutsch! (lacht) Im Ernst: Ich bin in Kiel erwachsen geworden. Alles war neu, als ich nach Kiel kam. Ich musste erstmal alleine wohnen, die Sprache lernen, mich zurecht finden. Und dann haben wir in Kiel unsere Familie gegründet, sind richtig sesshaft geworden - mit allem Drum und Dran. Wir haben hier Freunde fürs Leben gefunden, die wir vorher nicht kannten. Wenn man es so will, habe ich in den zwölf Jahren Kiel genauso viel gelernt wie in den 23 Jahren zuvor.
Verging die Zeit schnell?
Ja und nein. Sportlich ja. Alles Drumherum nicht. Was auch sehr schön ist. Denn im Sport hakt man vieles viel zu schnell ab, weil es immer weiter geht. Im Privaten habe ich mir das dann zurückgeholt, habe einfach die Zeit mit der Familie genossen.
Waren es erfolgreiche zwölf Jahre?
Ich hatte nie gedacht und geplant, dass ich hier Rekorde brechen würde. Das habe ich tatsächlich erst, kurz bevor es soweit war, erfahren. Ich bin nach Kiel gekommen, um alles auf der Platte zu lassen für diesen Verein.
Wenn du jetzt in der Arena unter das Hallendach schaust, siehst du schwedische Legenden wie Magnus Wislander, Stefan Lövgren und Marcus Ahlm. Jetzt hast du all ihre Rekorde geknackt und wirst selbst dort oben hängen. Was denkst du darüber?
Wenn Du mich das so fragst, hört es sich noch immer unbegreiflich für mich an. Ich weiß noch nicht mal, ob ich das realisieren werde, wenn es soweit ist. Für mich waren Rekorde und der Platz unter dem Hallendach nie der Ansporn, alles für den THW Kiel zu geben. Aber jetzt, wo sich die Kieler Zeit zu Ende neigt, erwische ich mich manchmal dabei, dass ich mir sage: Guck mal Niclas, du hast Rekorde gebrochen. Und das geht nur, wenn man über viele Jahre Leistung bringt. Dann klopfe ich mir selbst ein bisschen auf die Schulter und sage mir leise: Ich habe einiges geschafft und einiges geleistet.
Was wird dir durch den Kopf gehen, wenn du das letzte Mal hier aufläufst?
Aufläufst oder rausläufst? Ich weiß es nicht. Es ist einzigartig, dass man das hier alles erleben durfte. Ich werde auf jeden Fall jede Sekunde genießen. Wie meine Reaktion darauf ist, kann ich aber nicht vorhersagen.
Freust du dich auf den Augenblick?
Auf jeden Fall. Irgendwie ist ein Ende auch schön, weil es ein neuer Anfang ist.
Was wirst du an deinem ersten freien Tag machen?
Nach der Saison? Sachen packen für den Umzug Ende Juni. Und mich auf den 16. August freuen, wenn ich mich hier mit vielen Freunden und Wegbegleitern richtig von Kiel verabschieden werde. Das wird ein besonderer Abend - für mich, meine Familie, meine Freunde und hoffentlich auch für die Kieler Fans.
Sascha Klahn