19.06.2024, 12:05
Gewinner der "Goldenen Pfeife" 2022
Christian Prokop wurde 2022 von handball-world mit der "Goldenen Pfeife" ausgezeichnet, eine Ehrung für seinen vorbildlichen Umgang mit Referees. Im HVNB-Interview erläutert Prokop, wie trotz des immensen Leistungsdrucks in der Handball-Bundesliga ein wertschätzendes Miteinander möglich ist. Er gibt zudem Tipps für Schiedsrichter:innen zum Umgang mit der Bank.
Christian Prokop, Sie wurden 2022 zum ersten Gewinner der "Goldenen Pfeife" gewählt. Können Sie sich vorstellen, warum Sie von so vielen Schiedsrichtern vorgeschlagen wurden und was Sie von einigen Ihrer Trainerkollegen unterscheidet?
Christian Prokop:
Erstmal möchte ich sagen, dass mich die Ehrung sehr gefreut hat, weil es ein positives Feedback für einen wertschätzenden Umgang miteinander ist. Ich denke, dass genau dieser Umgang untereinander - nämlich ein Miteinander - ausschlaggebend dafür war.
Ich finde, die Kommunikation muss angemessen sein, bei allem Druck, den wir Spieler, Trainer und Verantwortliche haben. Das ist für mich ein Zeichen des Respekts. Und den versuche ich vorzuleben.
Die Handball-Bundesliga ist als beste Liga der Welt bekannt - das bedeutet auch, dass in jedem Spiel ein immenser Druck herrscht. Wie schaffen Sie es trotzdem, als Trainer mit Situationen umzugehen, bei denen Fairness und sportlicher Erfolg möglicherweise im Konflikt stehen?
Das ist in der Tat eine große Herausforderung, da in unserer Sportart sehr viele 50:50-Entscheidungen von den Referees getroffen werden müssen. Dass da nicht jede Entscheidung zu den eigenen Gunsten getroffen wird, ist klar. Da können sich die Gemüter schnell erhitzen. Mein Appell ist, dass alle Beteiligten ein Stück runterfahren - gerade wir Verantwortlichen an der Bank - und die Schiedsrichter ihren Job richtig machen lassen.
Damit hier keine Kultur, bei der um jede Entscheidung gefeilscht wird, Einzug erhält. Auch vom Kampfgericht erhoffe ich mir eine progressivere Gestaltung und Unterstützung der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, sodass wir Trainer uns auf das Coachen unserer Mannschaften und die Spieler auf das Spiel konzentrieren können und der Sport wieder mehr im Mittelpunkt steht.
Jutta Ehrmann-Wolff hat besonders ihre Kommunikation mit den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern hervorgehoben. Was ist aus Ihrer Sicht der Schlüssel für eine gute Kommunikation mit Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern?
Ich mag es, wenn es bereits vor dem Spiel eine kurze Begrüßung gibt. Das muss kein langer Talk sein, aber so kann man bereits vor Anpfiff eine Beziehungsebene aufbauen. Im Spiel helfen dann Augenkontakt und ein angemessener verbaler Austausch, um Entscheidungen besser nachzuvollziehen und ein gesundes Miteinander zu schaffen.
Wildes Gestikulieren oder verbale Ausfälle führen demgegenüber dazu, dass der Druck auf die Schiedsrichter wächst und - wir haben es ja schon oft genug erlebt - eine Konzessionsentscheidung auf die nächste folgt. Unsere Kommunikation sollte geradlinig und konsequent, aber fair sein.
Lassen Sie uns einmal auf die andere Seite schauen: Welchen Tipp haben Sie für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern für einen guten Umgang mit Trainern?
In erster Linie hilft der regelmäßige Austausch, um den Grundstein für einen guten Umgang miteinander zu legen. In der Bundesliga finden zum Beispiel vor der Saison unregelmäßige Treffen zwischen den Referees und Vereinen statt.
Ich würde es begrüßen, wenn die Vereine gezielter auf die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter zugehen und die Möglichkeit bieten, eine Trainingseinheit oder auch einen Trainingstag zu begleiten. So kann es eine Möglichkeit sein, einen freieren Austausch zwischen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern, Spielerinnen und Spielern sowie den Coaches zu ermöglichen und damit ein besseres Verständnis füreinander zu schaffen.
Auf dem Spielfeld empfehle ich den Referees ein gesundes Mittelmaß an Kommunikation. Zudem halte ich eine klare Zeichengebung für sehr wichtig. Wie diese helfen kann, ein besseres Verständnis für die Entscheidungen auf dem Spielfeld zu schaffen, haben in den letzten Jahren allen voran die spanischen Spitzengespanne gezeigt.
Möchten Sie zum Abschluss noch etwas loswerden?
Einen Appell möchte ich unbedingt noch loswerden: Gerade im Schiedsrichterwesen sind wir auf motivierten Nachwuchs angewiesen. Ich sehe uns Trainerinnen und Trainer als Vorbilder in der Pflicht, dass wir uns im Sinne der Sportart ein Stück weit zurücknehmen und jeden seinen Job richtig machen lassen.
Denn im Jugendbereich geht es bereits los, dass die jungen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter Druck von allen Seiten bekommen und sich dann teilweise aus dem Schiedsrichterwesen zurückziehen. Das sollte sich ändern."
lmk