20.07.2024, 15:21
Beach-Schiedsrichter nach WM-Premiere
Jesper Stumpfe und Bjarne Deiters waren in diesem Jahr bei der Weltmeisterschaft im Beachhandball in China als Schiedsrichter im Einsatz. Im Interview blicken sie zurück auf ihre WM-Premiere. Ihr Fazit: "Das hat Lust auf mehr gemacht."
Bjarne, Jesper - sieben Jahre, nachdem ihr erstmals von einer Weltmeisterschaft als eurem großen Ziel gesprochen habt, ist dieser Traum jetzt in Erfüllung gegangen. Wie habt ihr das Turnier erlebt?
Jesper Stumpfe: Das stimmt, wir haben lange auf diesen Einsatz hingearbeitet und es freut uns, dass wir so einen erfolgreichen Einstand hatten. Sportlich war es insgesamt für uns natürlich ein sehr gelungenes Turnier, wobei man auch bei der Weltmeisterschaft den starken europäischen Einfluss gespürt hat.
Wir konnten von dem Standing profitieren, was wir uns in den vergangenen Jahren bei Europameisterschaften aufgebaut haben. Aber auch abseits des Sportlichen war es für uns ein großes Abenteuer, auf die andere Seite der Welt zum Beachhandball zu reisen. Es war eine extrem spannende Erfahrung.
Bjarne Deiters: Es war unter diesem Blickwinkel wirklich etwas ganz anderes als die Europameisterschaften. Wir hatten eine lange Anreise und dazu kam die Zeitverschiebung. Darauf mussten wir uns erst einmal einstellen. Ich denke, das haben wir aber ganz gut hinbekommen.
Sportlich stimme ich Jesper zu, wir können absolut zufrieden mit unserem ersten internationalen IHF-Turnier sein. Wir haben auch durchweg ziemlich positive Resonanz von Spielern, Teams und Offiziellen bekommen. Das freut uns natürlich. Und dass wir das Turnier direkt mit einem Halbfinale krönen durften, war natürlich eine große Ehre.
Wie nervös wart ihr vor dem ersten Anpfiff?
Bjarne Deiters: Wir haben natürlich auch in Europa schon Spiele gehabt, in denen es um viel ging und auf denen viel Druck lastete. Dennoch war das Stresslevel natürlich deutlich höher als bei einem "normalen" Spiel und wir waren schon sehr nervös. Denn auch, wenn es ein Vorrundenspiel war, haben Spanien und Brasilien auf dem Feld gestanden - beides Nationen, die vorher als potentielle Favoriten gehandelt wurden.
Jesper Stumpfe: Hinzu kam die Vorgeschichte. Wir haben bei unserem ersten europäischen Turnier, den EBT-Finals 2016, eine griechische Mannschaft gepfiffen, die allerdings im Prinzip die eingekaufte brasilianische Nationalmannschaft war. Wir haben das Spiel nicht zur Zufriedenheit des Trainers geleitet und er hat sich aufgeregt, was mich damals dazu verleitet hat, ihm eine direkte rote Karte wegen Meckerns zu geben (lacht). Diesen Trainer bei unserer ersten Weltmeisterschaft ausgerechnet beim ersten Spiel wiederzusehen, hat schon für eine gewisse Anspannung gesorgt, weil ich nicht sicher war, wie das Aufeinandertreffen läuft.
Und?
Jesper Stumpfe: Vor dem Spiel kamen sie sofort auf uns zu und haben uns mit Gesten eine rote Karte gezeigt (lacht). Wir haben dann kurz miteinander gesprochen und es war alles gut. Wir haben von beiden Mannschaften anschließend Anerkennung für die Leistung bekommen; sie haben uns gelobt, dass wir das Spiel sehr souverän gepfiffen hätten. Das war ein guter Einstand in das Turnier, denn danach waren wir uns sicher: Wir können hier mithalten.
Wie viele Spiele habt ihr insgesamt geleitet?
Bjarne Deiters: Wir haben in sechs Tagen vierzehn Spiele gehabt. Das Highlight war natürlich das Halbfinale zwischen Kroatien und Portugal. An einem Tag mussten wir vier Spiele pfeifen, das war schon eine Herausforderung - zumal es unfassbar heiß war.
Jesper Stumpfe: Es war auch noch viel feuchter; so eine Luftfeuchtigkeit habe ich noch nicht erlebt. 95 Prozent bei 30 Grad war… anstrengend. Und es war das erste Mal, dass Bjarne mit seiner 50-Plus-Sonnencreme keinen Sonnenbrand verhindern konnte (lacht).
Wie habt ihr das Niveau sportlich erlebt?
Bjarne Deiters: Ich finde, es hat sportlich keinen riesigen Unterschied gemacht. Natürlich ist es breiter gefächert und du triffst auf Nationen und Spieler, denen du vorher noch nie begegnet bist, aber dennoch haben wir uns gut zurechtgefunden. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass in der Weltspitze viele europäische Mannschaften dabei sind, die wir von den Europameisterschaften kennen.
Welche Eindrücke habt ihr abseits der Spiele sammeln können?
Jesper Stumpfe: Wir haben durchweg die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Chinesen gespürt. Diese Offenheit haben wir vorher nicht so erwartet, das war ein toller Spirit. Wir haben jedoch leider relativ wenig gesehen, da wir 20 Minuten außerhalb von Pingtan untergebracht waren. Das ist eine Entfernung, die wir nicht einfach in den Stadtkern laufen konnten. Einen Ausflug in die Stadt haben wir jedoch gemeinsam mit mehreren Schiedsrichterkollegen unternommen, das war ein spannender Einblick.
Bjarne Deiters: Und alle wollten Fotos machen (lacht). Das war ein bisschen … weird.
Jesper Stumpfe: Stimmt (lacht). Wir haben gefühlt Selfies mit jedem gemacht, der dort rumgelaufen - Volunteers, Security, die Menschen im Restaurant. Das war ein bisschen ein Kulturschock. Wir hatten vorher schon mal gehört, dass die Chinesen gerne Fotos mit Europäern machen wollen, aber dass es wirklich so viele waren, war witzig.
Für unser Verständnis war das teilweise unangenehm, denn die dänische Nationalmannschaft ist zum Beispiel nach Fotos gefragt worden, als sie gerade vom verlorenen Finale vom Platz gekommen sind. Wir sind auch direkt vor unserem Halbfinale angesprochen worden und in dem Moment haben wir auch gesagt: Jetzt bitte nicht, aber gerne später nach dem Spiel.
Bjarne Deiters: Für mich als Vegetarier war die Ernährung schwierig. Wenn du dort kein Fleisch und keinen Fisch isst, bist du aufgeschmissen. Grundsätzlich waren die Menschen aber alle extrem hilfsreich, da muss ich Jesper zustimmen - auch, wenn die Verständigung manchmal schwierig war. Mit Händen und Füßen ging es aber irgendwie (schmunzelt).
Jetzt habt ihr euer großes Ziel - eine Weltmeisterschaft - erreicht. Was ist der nächste Schritt?
Jesper Stumpfe: Ich kann auch für Bjarne sprechen, wenn ich sage: Das hat Lust auf mehr gemacht. Wir würden uns wünschen, wenn wir auf der internationalen Ebene weiter Erfahrung sammeln dürfen und noch einige Erlebnisse machen könnten. Die nächsten Jahre gibt es sowohl bei der EHF als auch der IHF noch einige Großturniere, die sportlich und kulturell spannend sind.
Bjarne Deiters: Mit einem konkreten Ziel, was wir als nächsten Schritt erreichen wollen, haben wir uns noch nicht auseinander gesetzt. Jetzt verarbeiten wir erst einmal die Weltmeisterschaft und dann sehen wir weiter. Aber ich bleibe bei meinem Standardsatz: Wir sind ja immer noch jung und es kann noch viel passieren (lacht)
Abschließend: Wie stolz seid ihr denn gerade - auf die gelungene Weltmeisterschaft und die Tatsache, dass ihr endlich das IHF-Logo tragen dürft.
Bjarne Deiters: Unser großer Traum war eine IHF-Nominierung. Wenn man sich so einen Traum nach sieben, acht Jahren endlich erfüllen kann, kann man schon ziemlich stolz sein. Und wir sind auch sehr glücklich damit, wie die WM gelaufen ist.
Jesper Stumpfe: Wir haben uns auf jeden Fall sehr gefreut und waren geehrt, dass wir uns auf der Weltbühne mit den besten Mannschaften der Welt präsentieren durften. Das IHF-Logo tragen zu dürfen, ist ein Symbol der harten Arbeit, die wir in den letzten Jahren reingesteckt haben und der Entwicklung, die wir seit unserem ersten internationalen Spiel gemacht haben. Wir können uns nur bei allen bedanken, die uns auf diesem Weg unterstützt haben.
Julia Nikoleit