05.05.2024, 13:00
Bosse-Beben im Handball zum Start der Olympia-Vorbereitung
Am Montag startet Deutschland in die Vorbereitung auf das Handball-Turnier der Männer bei Olympia. Auch die Frauen sind qualifiziert, aber das überraschende Ende der Zusammenarbeit mit Sportchef Axel Kromer sorgt für Unruhe.
Axel Kromer kletterte am Sonntag mit einem fiesen Magengrummeln in den Flieger nach Kopenhagen. Den Start in die Olympia-Vorbereitung von Deutschlands Handball-Nationalmannschaft der Männer hatte sich der Verbandssportchef ganz und gar anders vorgestellt.
"Natürlich bin ich von dieser Nachricht ziemlich enttäuscht", sagte Axel Kromer dem SID zu dem personellen Paukenschlag, mit dem der DHB am Wochenende den Handball-Kosmos in Aufruhr versetzte. Statt sich voll fokussiert in den ersten Nationalmannschaftslehrgang für die olympische Medaillen-Mission zu stürzen, mussten das deutsche Team - und vor allem Kromer - die Nachricht der bevorstehenden Demission des Vorstandsmitglieds verkraften.
Zumal die am Vortag vom Verband bekannt gegebene Entscheidung des DHB-Präsidiums für den langjährigen Sportvorstand aus dem Nichts kam. "Ich sehe uns als Verband und auch mit beiden Nationalmannschaften auf einem guten Weg. Deswegen bin ich von der Nicht-Verlängerung meines Vertrages völlig überrascht worden", bekannte Axel Kromer am Sonntag gegenüber dem Sport-Informations-Dienst.
Kurzfristig, so Axel Kromer, betreffe diese Entscheidung "nur mich persönlich. Jetzt geht es vor allem darum, erfolgreich in Paris zu sein. Dafür werde ich alles geben, so wie ich es in meinen vielen Jahren beim DHB bislang immer getan habe." Aufgrund seines laufenden Arbeitsvertrages will sich Kromer aktuell nicht weiter zu dem Thema äußern, so der SID.
Der Trip nach Kopenhagen, wo sich die deutsche Mannschaft mit Bundestrainer Alfred Gislason in den kommenden Tagen auf Paris einschwört, wird eine der letzten Dienstreisen für Kromer beim DHB sein. Mit Olympia, für das beide deutsche Handball-Teams qualifiziert sind, und der Ende November startenden Frauen-EM stehen bis Jahres- und Vertragsende noch zwei Großereignisse an.
Die Gründe für die Trennung vom 47-jährigen Sportchef blieben am Wochenende im Verborgenen. Der Verband war in seiner Mitteilung, die kein Zitat von Axel Kromer enthielt, nach der turnusmäßigen Sitzung des DHB-Präsidiums in Bremen sehr vage geblieben und hatte keine Anhaltspunkte gegeben. Wer den Posten ab dem kommenden Jahr bekommt, steht noch nicht fest. "Der Prozess der Neubesetzung" werde "in Kürze beginnen".
"Wir haben jetzt Klarheit für alle Beteiligten geschaffen und setzen nun alle Energie auf die vor uns liegenden Olympischen Spiele", sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Er dankte Kromer "für die seit 2012 in verschiedenen Positionen für den Deutschen Handballbund geleistete Arbeit. Als Vorstand Sport hat er den sportlichen Rahmen für das Jahrzehnt des Handballs gesetzt."
Der DHB hatte Anfang März die ersten Weichen für die Zukunft gestellt und die Verträge mit den Bundestrainern Alfred Gislason (Männer) und Markus Gaugisch (Frauen) verlängert. Beide führten ihre Teams daraufhin zu den Olympischen Spielen in Paris. Die Verhandlungen mit den Trainern hatte Kromer gemeinsam mit dem DHB-Vorstandsvorsitzenden Mark Schober und Finanzchef Benjamin Chatton geführt.
Kromer hatte 2012 als Co-Trainer von Markus Baur in der U20/21-Nationalmannschaft auf Honorarbasis begonnen und startete 2015 als Chef-Bundestrainer Nachwuchs seine hauptamtliche Laufbahn im DHB.
Zudem war der Diplom-Sportwissenschaftler Assistent von Bundestrainer Dagur Sigurdsson beim EM-Titel und Olympia-Bronze 2016. Ein Jahr später wurde er zunächst Sportdirektor und dann im Zuge der Strukturreform des Verbandes als Vorstand Sport berufen.
Als Spieler war der 47-Jährige unter anderem als Kreisläufer mit dem VfL Pfullingen in der 1. Handball-Bundesliga aktiv. Weitere Clubs waren der TV Kornwestheim, die TSG Söflingen und die SpVgg Mössingen. Schon während der aktiven Karriere war er Auswahltrainer beim Handballverband Württemberg und coachte auch die SG H2Ku Herrenberg.
In die Amtszeit von Axel Kromer als Vorstand Sport des DHB fielen unter anderem mit der Handball-WM der Frauen 2017, der Handball-WM der Männer 2019 und der Handball-EM der Männer 2024 drei ausgerichtete Großturniere.
Beide A-Nationalmannschaften konnten als EM-Vierter und WM-Sechster das beste Ergebnis der jüngsten Verbandsgeschichte erzielen - und sich zudem für die Olympischen Spiele qualifizieren. Zuvor waren die Verträge mit den Bundestrainern Alfred Gislason und Markus Gaugisch verlängert worden.
Die Verhandlungen über die Verlängerungen der beiden Bundestrainer im Handball hatten neben dem Vorstandsvorsitzenden Mark Schober mit Axel Kromer und Benjamin Chatton zwei Vorstandsmitglieder geführt, die nun vor dem Abschied stehen.
Auch im Nachwuch gab es sportliche Erfolge: Die männliche U21-Nationalmannschaft ist amtierender Weltmeister, die U19 wurde Fünfter. Deutschlands weibliche U17 erreichte Rang drei, die U19 schloss ohne zahlreiche Leistungsträgerinnen als Elfter ab.
SID, cie