vor 4 Stunden
Handball im Fernsehen
ARD/ZDF oder Free-TV-Blackout? Rechte-Poker läuft
Die Handball-WM hat wieder viele Millionen Menschen vor die Fernsehgeräte gelockt. Wer die nächsten beiden Welt-Turniere zeigt, ist jedoch noch offen.
Können die deutschen Handball-Fans die kommende Weltmeisterschaft im eigenen Land wieder bei ARD und ZDF sehen? Oder droht ein Free-TV-Blackout wie 2015 und 2017? Der Poker ist eröffnet. Die Verhandlungen über die Medienrechte liefen bereits während der gerade beendeten Drei-Länder-WM in Norwegen, Dänemark und Kroatien, die Millionen von Menschen vor die Bildschirme lockte.
Handball bei den großen Turnieren ist hinter Fußball der TV-Sport Nummer zwei. Beim Finale zwischen Dänemark und Kroatien verzeichnete der Spartensender Eurosport am vorigen Sonntag durchschnittlich gut eine Million Zuschauer. Das Aus der deutschen Mannschaft zuvor im Viertelfinale gegen Portugal sahen durchschnittlich sogar 7,083 Millionen Menschen.
Die Übertragung der ARD war die bisher erfolgreichste Sport-Sendung des Jahres - gefolgt von weiteren WM-Spielen der DHB-Auswahl. Kein Wunder also, dass die öffentlich-rechtlichen Sender auch die Heim-WM 2027 sowie das gemeinsame Turnier mit Frankreich in vier Jahren gerne übertragen würden. Das sprechen sie auch so offen aus.
"Auch eine sportjournalistische Herzensangelegenheit"
"Handball bringt herausragende Werte - und es ist auch so, dass junge Menschen dieses Ereignis schauen", sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky der Deutschen Presse-Agentur: "Deshalb verhehlen wir nicht, dass wir natürlich daran interessiert sein werden, auch in Zukunft die WM zu übertragen. Das liegt ja auch ein bisschen in der öffentlichen-rechtlichen DNA."
Das Erste und das Zweite wollen die Rechte wieder gemeinsam erwerben. "Für mich ist es nicht nur eine objektive und eine wirtschaftliche Betrachtung, sondern auch eine sportjournalistische Herzensangelegenheit", sagte ZDF-Sportchef Yorck Polus, der früher Handball-Moderator war.
"Gerne würden wir den Menschen das Versprechen geben, dass sie in der zweiten Januar-Hälfte die Handball-Großereignisse kontinuierlich bei ARD und ZDF finden können", betonte Polus: "Denn dort suchen sie diese auch - und haben sie zuletzt ebenso gefunden."
Einigung für EM-Turniere bereits erzielt
Die Rechte für die kommenden EM-Turniere haben die beiden Sender bereits. "Ich freue mich darüber, dass wir für die Handball-Europameisterschaften eine Einigung bis 2030 erzielt haben und die EM-Spiele der deutschen Männer- und Frauen-Nationalmannschaften in den kommenden Jahren weiterhin zeigen können", sagte Polus. ARD-Mann Balkausky fügte an: "Man sieht ja auch daran, dass wir jetzt bei den Europameisterschaften auch die Rechte für Frauen mit erworben haben, dass wir insgesamt großes Interesse am Handball haben."
Nun läuft der Poker für zwei WM-Turniere. Die Agentur Sportfive vermarktet die Rechte im Auftrag des Handball-Weltverbandes IHF. Das erhoffte Rechtepaket muss allerdings "wirtschaftlich machbar und darstellbar sein", betonte der ZDF-Sportchef - ohne freilich Zahlen zu nennen.
Der DHB würde eine Einigung mit frei empfangbaren Sendern sehr begrüßen. "Uns ist es natürlich wichtig, dass möglichst viele Menschen ein Turnier wie die Männer-WM sehen können", sagte DHB-Vorstandschef Mark Schober der dpa. "Denn wir wollen Aufmerksamkeit generieren, Fans generieren und Kinder für unseren Sport begeistern. Daher hoffen wir natürlich, dass ein reichweitenstarker Sender die Übertragungsrechte erwirbt" Auch mit einem anderen großen Free-TV-Sender wie RTL könnte der DHB wohl leben, auch wenn Schober sagte: "ARD und ZDF sind sehr gute Partner."
Monatelanger Streit ohne Einigung
Die DHB-Verantwortlichen denken wie viele Fans noch mit Grausen an die Weltmeisterschaften in Katar und Frankreich. Monatelang stritten ARD und ZDF mit dem damaligen Rechteinhaber beIN Sports und konnten sich wegen eines Streits um freie Satelliten-Übertragungen nicht einigen. Es gab zweimal keine WM-Übertragungen im frei empfangbaren Fernsehen.
Die WM-Spiele waren 2015 beim Pay-TV-Sender Sky und 2017 beim damaligen DHB-Sponsor Deutschen Kreditbank (DKB) im Internet gezeigt worden. Die DKB verbuchte damals weniger als ein Zehntel der bei ARD und ZDF üblichen Zuschauer.
Der Weltverband bezeichnete nach dem zweimaligen Free-TV-Blackout in Deutschland die Übertragungen im frei empfangbaren Fernsehen als "Priorität". Anschließend waren die vier WM-Turniere wieder bei den öffentlich-rechtlichen Sendern zu sehen. Das darf den deutschen Handball-Fans Hoffnung geben.
Michael Rossmann und Eric Dobias, dpa