11.11.2024, 08:00
Sagt euren Schiedsrichtern "Danke schön!"
2024 findet der 5. Tag des Schiedsrichters statt, auf handball-world erscheinen 25 Texte rund um die Unparteiischen. Zum "Anpfiff" des Tages erscheint ein Gedankenanstoß für mehr Wertschätzung gegenüber den Referees.
"Der Schiedsrichter am Wochenende war voll gut."
"Danke, dass du heute gepfiffen hast."
"Sauber gemacht, Mann. War echt eine starke Leistung."
Diese und ähnliche Sätze sind in den Handballhallen in Deutschland leider (zu) selten zu hören. Der Alltag besteht, so ist es immer wieder zu hören, aus Unmut auf und neben dem Spielfeld, lautstarken Zwischenrufen zwischen von der Tribüne und Diskussionen.
"Der Gang in die Turnhalle scheint teilweise ein Ventil zu sein, um den ganzen Frust, der sich über die Woche angestaut hat, rauszulassen - und leider trifft es dabei oft den Schiedsrichter", berichtete Kai Argewalt aus dem Schiedsrichter-Ausschuss des HV Brandenburg im vergangenen Jahr gegenüber des Schiedsrichterportals das Deutschen Handballbundes. "Was es in der Hinrunde bei uns im Landesverband an Beleidigungen und Anfeindungen gab, geht auf keine Kuhhaut mehr."
Die Konsequenz: Es brechen immer mehr Schiedsrichter weg, frisch ausgebildete Schiedsrichter schmeißen im ersten Jahr wieder hin. Das vergrößert das Problem des Schiedsrichtermangels in ganz Deutschland. Diesen Trend umzudrehen, zu stoppen oder wenigstens zu verlangsamen, wird von vielen Akteuren versucht, doch das Grundproblem bleibt: Es gibt zu wenig Menschen, die das Amt des Schiedsrichters übernehmen wollen.
Umso wichtiger ist es, diejenigen, die zur Pfeife greifen, wertzuschätzen. "Es wird in der Regel nur über Schiedsrichter gesprochen, wenn er Fehler macht - die gute Leistung eines Schiedsrichters wird als selbstverständlich betrachtet", sagt auch Torben Streich, Referent für Mitgliederentwicklung im HV Niedersachsen-Bremen.
Sein Verband rief in der vergangenen Saison das "Jahr des Schiedsrichters" aus (mehr dazu ab 12:30 Uhr auf handball-world.news). Streich: "Der Standard ist, dass ein Schiedsrichter keine Fehler machen darf, aber das ist ein total ungleicher Maßstab. Ein Rückraumspieler darf sich auch ein, zwei Fehlwürfe erlauben, ohne, dass gleich von einem schlechten Spiel die Rede ist."
Die gute Nachricht: Für die Wertschätzung braucht es im ersten Schritt gar nicht viel. Wenn nach einem Spiel nur ein Spieler, ein Trainer oder ein Zuschauer zum Schiedsrichter gehen und ihm seinen Dank für das Pfeifen und/oder ein (ernstgemeintes) Lob für die Leistung aussprechen würde, würde das schon helfen - auf zwei Seiten: Für den Schiedsrichter wäre es eine Wertschätzung seines Engagements und für die Umstehenden ein Signal, dass ein anderer Umgang mit den Unparteiischen möglich ist.
Ein Trainer könnte eine gute Schiedsrichter-Leistungen proaktiv in Statements auf der vereinseigenen Webseite oder gegenüber der Lokalpresse erwähnen; so, wie auch dem Gegner teilweise Lob gezollt wird („Sie waren gut eingestellt“). Auch in der Schiedsrichter-Bewertung, die in einigen Landesverbänden ab einer gewissen Liga abgegeben werden muss, könnte man nicht nur Kritik, sondern auch positive Aspekte benennen.
Ein Verein kann im Spielbericht die Schiedsrichter als Teil des Spiels erwähnen („Geleitet wurde die Partie von …“) und die reine Erwähnung (wenn es sich anbietet) positiv ausbauen. Auch kleine Zeichen der Wertschätzung am Spieltag sind eine gute Option - eine Flasche Wasser in der Kabine, einen Parkplatz freihalten, falls es nur wenig Parkmöglichkeiten gibt oder dem Schiedsrichter am Verkaufsstand einen Kaffee oder ein Stück Kuchen gratis ausgeben.
Gegenüber den vereinseigenen Schiedsrichtern sind natürlich auch weitere Dinge möglich, die den Unparteiischen zeigen, dass ihr Einsatz wertgeschätzt wird: Eine Grundausstattung stellen, einen Teamabend für alle Schiedsrichter anbieten, auf den Social-Media-Kanälen darauf hinweisen, wo die eigenen Schiedsrichter im Einsatz sind (so, wie es bei Mannschaften oft selbstverständlich gemacht wird). Und/oder am Saisonbeginn oder Saisonende eine E-Mail oder Whats-App-Nachricht mit einem kurzen Dank für den Einsatz (unabhängig von einem konkreten Spieltag).
Viele dieser Gedankenstöße sind ohne großen Aufwand und ohne bzw. nur mit geringen zusätzlichen Kosten möglich.Gelingt es einem Verein dadurch, die Strafzahlungen für fehlende Schiedsrichter zu verringern, rechnet sich das ‚Investment’ sogar doppelt. Und vor allem wäre es eine Wertschätzung für die Personen, ohne die der Spielbericht nicht möglich ist. "Es ist wichtig, positiv über und mit den Schiedsrichtern zu sprechen", unterstreicht HNVB-Mitarbeiter Streich. "Ihr Einsatz darf nicht selbstverständlich sein."
Rund 19.000 Schiedsrichter:innen sorgen in Deutschland mit ihrem Einsatz dafür, dass der Ball Woche für Woche von Flensburg bis Konstanz über das Spielfeld fliegt - ob in der Oberliga, der Kreisklasse oder der E-Jugend. Ohne das Herzblut der Unparteiischen wäre der Spielbetrieb an der Basis nicht möglich.
Im vergangenen Jahr rief handball-world gemeinsam mit dem Freundeskreis des Deutschen Handballs (FDDH) am "Tag des Schiedsrichters" zum ersten Mal die Handball-Vereine dazu auf, sich bei ihren Unparteiischen zu bedanken. Als Anstoß stiftete der FDDH damals 60 Aktionsboxen, das Interesse war riesig.
"Wir wollen auch in diesem Jahr einen Impuls geben, um den „Tag des Schiedsrichters" über unsere ausführliche Berichterstattung hinaus in die Hallen zu tragen und den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter an der Basis unsere Wertschätzung zeigen“, sagt Andre Tzschaschel, Geschäftsführer von handball-world. "Es ist an der Zeit, den Unparteiischen Danke zu sagen. Diesen Satz sollten wir uns alle zu Herzen nehmen, denn ohne Schiedsrichter geht es einfach nicht."
Dafür stellt handball-world eine » Urkunde zum Download zur Verfügung, die sich jeder Verein ausdrucken und an seine Schiedsrichter:innen überreichen kann - beispielsweise im Rahmen eines Heimspieltages. Außerdem besteht die Möglichkeit, ein Vereinspaket des im letzten Jahr erschienenen Sonderheftes zum Thema Schiedsrichter zu bestellen (50 Euro für 20 Hefte, inkl. Versand - Originalpreis: 140 Euro).
jun