05.09.2024, 06:30
Zweite Welle - Deine Handball-Kolumne
Nach einer ungewohnt schwachen Saison stehen die Zeichen beim THW Kiel wieder auf Angriff. Der Saisonauftakt gegen die Rhein-Neckar Löwen ist dabei für die Zebras nicht nur ein Härtetest, sondern möglicherweise schon ein Weichensteller auf dem Weg zurück an die Spitze. Mit alten Problemen - aber auch mit einem alten Bekannten und den altbewährten Routiniers hat der THW das Zeug, wieder zum Maß aller Dinge zu werden.
Eine Kolumne von Handball-Autor Daniel Duhr
Ein Jahr ohne Meisterschaft fühlt sich in Kiel an wie eine Ewigkeit. Der THW Kiel, Rekordmeister, Rekordpokalsieger und Rekordrekordhalter, steht im deutschen Handball in der Langzeitbetrachtung wie kein anderer Verein für Dominanz, Titelhunger und den unbedingten Willen, immer der Beste zu sein.
Umso schmerzhafter war da die vergangene Spielzeit: Meistertitel verpasst, Champions-League-Titel verpasst und sogar die eigentlich per Lastschrifteinzug im Abonnement durchgebuchte Champions-League-Qualifikation verpasst. Was für ein Dämpfer! Aber wie so oft im Sport, kommen die ganz Großen nach beeindruckenden Schwächephasen noch beeindruckender wieder zurück.
Der THW Kiel wird in der neuen Saison alles daran setzen, den Nimbus der quasi Unbesiegbaren wiederzubeleben. Allen voran natürlich mit Zugang Andi Wolff, dem Unüberwindbaren, im Tor.
Der alte Bekannte und Deutschlands Nummer eins ist sicher nicht (nur) zurück nach Kiel gekommen, weil an der Ostsee meist eine angenehme Brise weht. Wolff ist titelhungrig und wird der Abwehr wieder deutlich mehr Stabilität verleihen.
Zwar gibt es neben dem alten Bekannten zwischen den Pfosten auch alte Probleme, nämlich die schon fast dauerhaften Verletzungssorgen von Coach Filip Jicha:
Harald Reinkind fällt den Rest des Jahres aus, Mykola Bylik und Elias Ellefsen á Skipagötu konnten nur eingeschränkt trainieren und werden den Ligaauftakt beide verpassen; immerhin könnte es bei den ebenfalls angeschlagenen Hendrik Pekeler und Rune Dahmke für das Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen reichen.
» THW Kiel vor Bundesliga-Start mit personellen Sorgen
Doch die Verletzungssorgen - so ärgerlich sie sind - werden sie in Kiel nicht gelten lassen für noch eine Saison hinter den eigenen Ansprüchen. Vielmehr werden die Zebras alles daransetzen, sich möglichst schnell wieder oben festzusetzen und vom ersten Spieltag an mit breiter Brust aufzutreten.
Apropos breite Brust: Das größte Pfund der Kieler in dieser Saison könnte noch einmal die "alte Garde" sein. Wie oft wurde vom überfälligen Generationenwechsel gesprochen, von hoch dekorierten, aber in die Jahre gekommen Spielern, die ihren Zenit möglicherweise schon überschritten haben. Vielleicht haben sie das sogar - dass der Hochleistungsberuf Profihandballer eine natürliche Altersgrenze hat, steht ja außer Frage.
Und trotzdem: Wenn sich die menschgewordene Titelsammlung um Pekeler, Wiencek und Domagoj Duvnjak, den Anführer mit dem Antlitz und dem Kämpferherz des jungen Rocky Balboa, mit den jungen Wilden und den mitteljungen Mittelwilden in einen Rausch spielt, sind dem THW keine Grenzen gesetzt. Vielleicht wollen es gerade die Routiniers nochmal allen beweisen, allen voran sich selbst. Nochmal über die Schmerzgrenze gehen, nochmal alles reinwerfen - und nochmal alles gewinnen.
Die Kombination aus neuem Schwung durch die punktuellen Zugänge, aus der Torversicherung und -versiegelung Andreas Wolff und dem unbedingten Willen der alten Garde könnte der Schlüssel zum Erfolg werden. Diese Mannschaft hat das Potenzial, wieder ganz oben anzugreifen. Und vielleicht sogar am Ende der Saison ‘24 Meistertitel Nummer 24 zu holen.
In Zweite Welle schreibt Bestseller-Autor Daniel Duhr regelmäßig über aktuelle Handballthemen auf und neben der Platte. Und lädt Euch damit zur Diskussion ein. Welchen Standpunkt vertretet Ihr? Wir freuen uns auf Eure Meinungen!
Daniel Duhr