25.06.2024, 13:21
Wer zahlt künftig für Transfers?
Einen umstrittenen Schritt hinsichtlich der Weichenstellung am internationalen Transfermarkt gab es am Rande des Truckscout24 Final4 in Köln: Dort haben das Forum Club Handball und die European Handball Agents Association ein sogenanntes erstes Memorandum of Understanding unterzeichnet. Dieses stößt bei deutschen Spielervermittlern auf Unverständnis.
"Die IHF hat auf Bitten der Clubs in 2023 die Reglemente geändert. Insbesondere wird der Spielervermittler jetzt und künfig durch den Auftraggeber bezahlt, der in der Regel der Spieler (oder Trainer) ist. Damit wird das System transparenter, logischer und dem in den USA ähnlicher", erläutert Gerd Butzeck, Geschäftsführer des Forum Club Handball gegenüber handball-world.
In den vergangenen Monaten waren beide Seiten intensiv in Arbeitsgruppen tätig, auch in Zusammenarbeit mit dem Weltverband IHF. Mit dem nun unterzeichneten Memorandum of Understanding sei ein "signifikanter Meilenstein in der zusammenarbeit zwischen Spielerberatern und Vereinen im Handball" erreicht worden, betont die EHAA in einer Pressemitteilung. Damit sei das Fundament für eine engere und effizientere Zusammenarbeit gelegt, mit dem Ziel den Handball als Ganzes voranzubringen.
"Wenn ein Vermittler einen Spieler anbietet, dann muss er sich von diesem bezahlen lassen und einen schriftlichen Auftrag haben. Wenn ein Spieler die Dienste eines Spielervermittlers in Anspruch nehmen möchte, dann muss der Spieler den Vermittler bezahlen. Die Clubs haben sich verpflichtet, künftig nicht lizenzierte Vermittler nicht zu bezahlen. Wir als FCH finden diese Themen richtig und wichtig", erläutert Butzeck.
"Die Spielervermittler wurden immer von ihren Auftraggebern bezahlt, da - wie das Finanzgericht Düsseldorf bereits in 2015 entschieden hatte - auch die Vereine Auftraggeber der Vermittler waren", entgegnet unterdessen Dr. Gregor Reiter in einer Stellungnahme der Deutsche Handball Vermittler Vereinigung (DHHV).
Der Fachanwalt für Sportrecht und Legal Counsel der European Football Agents Association warnt: "Mit Blick auf die genannte Entscheidung könnte diese Regelung dazu führen, dass die deutschen Vereine in Zukunft bis zu 30% mehr für einen Spieler bezahlen müssten. Für die Wettbewerbsfähigkeit der HBL könnte sich diese Regelung als äußerst nachteilig erweisen."
"Diese Vereinbarung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Professionalität und Transparenz in unserer Branche. Wir freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit mit dem FCH und sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam den Handballsport weiter entwickeln können", erklärt Andrej Golic, Vorstandsvorsitzender der EHAA.
Für EHAA-Geschäftsführer Marko Boskovic zeige die Unterzeichnung des Memorandum of Understanding das gemeinsame Engagement für den Handballsport. "Es ist ein starkes Signal, dass Vereine und Agenten zusammenarbeiten zusammenarbeiten, um den Sport auf die nächste Stufe zu heben", so Boskovic.
"Die Gespräche mit Andrej Golic und Kollegen sind in sehr angenehmer Atmosphäre verlaufen. Jetzt erwarten wir, dass die IHF Lizenzen an Spielervermittler ausgibt. Erst mit Lizenz sind die Spielervermittler dann ein Teil des Systems", erklärt Butzeck die aus seiner Sicht nächsten Schritte durch den Weltverband mit Blick auf die von FHC und EHAA angestrebte Neuregelung des Transfermarkts.
"Die IHF hat im Jahr 2023 mit den Änderungen ihres Reglements das`Besteller-Prinzip` - konform des DHB-Reglements - in das IHF-Reglement aufgenommen. Es ist allerdings ein rein marketingtechnisches Suggerieren von Dr. Gerd Butzeck, dass sich hier etwas am Markt verändert", so die Deutsche Handball Vermittler Vereinigung (DHHV).
"Fakt ist viel mehr, dass durch das Bestreben des FCH ein Reglement übernommen wurde, dass seit Jahren in den Regularien des deutschen und französischen Handball-Verbandes existiert", so die DHHV, die "mit Verwunderung auf eine Pressemitteilung des FCH" blickt, "in der das Konzept der beiden Vereine als Generallösung präsentiert wird. Das kann nur als Marketing-Maßnahme interpretiert werden, da sich die gesetzlichen europäischen und deutschen Vorgaben nicht verändert haben."
Die DHVV habe "den Vorstoß und explizit das Konzept (MoU) der EHAA und des FCH bereits im Januar 2024 scharf kritisiert und auf die augenscheinlichen europäischen und deutschen gesetzlichen `Hürden`, respektive auf die ggf. wesentlichen steuerlichen Unwägbarkeiten hingewiesen", heißt es weiter in der Stellungnahme.
"Die DHVV hält diesen Vorstoß des FCH und der EHAA für ein nicht belastbares Konzept, das sich einer rechtlichen Überprüfung erst stellen muss. Bei den aktuellen Urteilen aus dem Fußball und gegen die FIFA bleibt es fraglich, ob das Konzept des FCH einer rechtlichen Prüfung standhält", so der deutsche Verband weiter, der anfügt: "Die DHVV möchte eine Rechtssicherheit für die Vereine und die Berater selbst, insofern wäre es einfach diese Sicherheit herzustellen, indem man die Konzepte des Fußballs adaptiert."
"Transparente und klare Regelungen für Spielervermittler sind zu begrüßen. Allerdings verwundert sowohl der Zeitpunkt als auch die Art der Regelungen", führt unterdessen Dr. Gregor Reiter, Fachanwalt für Sportrecht und Legal Counsel der European Football Agents Association in der Stellungnahme der DHHV an.
"Bekanntermaßen wird eine Entscheidung des EuGH zu den neuen Vermittlerregeln der FIFA erwartet, die das OLG Düsseldorf für mit deutschem und europäischem Recht nicht vereinbar hält. In ähnlicher Weise habe sich auch das Gericht in Spanien und England zu den Regeln der FIFA geäußert", konkretisiert der Anwalt.
"Es wäre ratsam gewesen, die Entscheidung des EuGH abzuwarten", so Dr. Reiter in der Stellungnahme der DHHV weiter. Er fügt an: "Eine Regelung zum jetzigen Zeitpunkt provoziert eine gerichtliche Auseinandersetzung, zumal fraglich ist, inwieweit die `European-Handball-Agents-Association` überhaupt legitimiert ist, solche Vereinbarungen abzuschließen."
chs, cie