24.01.2023, 00:05
Bundestrainer nach dem Norwegen-Spiel mit Lob und Tadel
Ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit bei der Handball-WM hat die deutsche Nationalmannschaft am Montagabend eingebüßt. Bundestrainer Alfred Gislason war ob der Leistung hin- und hergerissen.
Selbstkritik kann die deutsche Mannschaft. So viel steht nach der ersten WM-Niederlage bei der Endrunde in Polen und Schweden fest. Nach dem 26:28 gegen Norwegen ähnelten sich die Aussagen. "Wir machen insgesamt kein besonders gutes Spiel", befand Linksaußen Rune Dahmke am ARD-Mikrofon. Juri Knorr legte nach: "Es ist ganz klar, dass wir nicht unser bestes Spiel machen. Das müssen wir uns selbst zuschreiben. So ehrlich sind wir aber auch."
Trotz einer durchwachsenen Leistung hätte das Spiel allerdings genauso gut in Richtung der deutschen Mannschaft kippen können. Wäre da nicht Torbjörn Bergerud gewesen. Der Keeper von Kolstad, der zwischen 2018 und 2021 bei der SG Flensburg-Handewitt zwischen den Pfosten gestanden hatte, kam erst mit Wiederanpfiff ins Tor - und sammelte noch zwölf Paraden. Eine Fangquote von 55 Prozent ist unglaublich. Reihenweise verzweifelten die deutschen Spieler im direkten Duell.
Deswegen wirkte Gislason, der seiner Mannschaft ein "Riesenkompliment" machte, doch ein wenig angefressen: "Es ist wirklich schade, wie wir besonders in der zweiten Hälfte mit sehr klaren Chancen umgehen. Wir hätten das Spiel mit einer besseren Quote aus sechs Meter nach Hause fahren müssen."
Im Viertelfinale stand die DHB-Auswahl zwar schon, doch nun wartet am Mittwoch (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker) mit Rekordweltmeister Frankreich der fraglos dickere Brocken. Auch Gislason macht keinen Hehl daraus: "Ich hätte wieder gerne die Spanier gehabt." Der Isländer denkt ein paar Monate zurück. Das bislang letzte Duell - im EHF Euro Cup in Vorbereitung auf die deutsche Heim-EM im Januar 2024 - ging Mitte Oktober 2022 zwar mit 32:31 an Spanien, dabei sei sein Team aber das "bessere" gewesen. "Die offensive Abwehr der Spanier haben wir in den letzten Spielen extrem gut gelöst."
Nun wurde es Frankreich um den ewigen Nikola Karabatic. Eine Mammutaufgabe, aber kein Ding der Unmöglichkeit. Der sichtlich niedergeschlagene Knorr richtete den Blick am Ende seines Interviews nach vorne und erklärte kämpferisch: "Ich bin mir sicher, dass wir am Mittwoch nochmal mit einem anderen Gesicht auftreten, zeigen wer wir sind, dass wir Charakter haben, wir wieder aufstehen können." Dahmke erwartet "die größte Aufgabe, die wir bisher hatten", sagt aber auch: "An einem guten Tag haben wir eine sehr gute Chance."
Auch Gislason glaubt an sein Team und die Chance aufs Halbfinale. Das Spiel gegen Norwegen habe ihm einmal mehr den "riesigen Charakter" seiner Schützlinge gezeigt. Und: "Auch in der Breite werden wir immer besser." Ein Sonderlob verteilte er dabei an Leipzigs Spielmacher Luca Witzke und Linkshänder Djibril M'Bengue vom Bergischen HC, die nach dem Seitenwechsel frischen Wind reinbrachten. Mehr als sieben Spieler auf höchstem Niveau wird es auch gegen "Les Experts" brauchen.
msc