19.01.2023, 09:51
"Hitzköpfiges" Argentinien wartet am Donnerstag
Die Vorrunde bei der Handball-WM 2023 hat die deutsche Nationalmannschaft mit Bravour gemeistert. In der Hauptrunde hängen die Trauben höher, doch ein Sieg gegen Argentinien zum Auftakt ist Pflicht.
Die nackten Zahlen dürften dem DHB-Team wenig Angst einflößen. Nach den deftigen Niederlagen gegen die Niederlande (19:29) und Norwegen (21:32) zum Start der Vorrunde schaffte Argentinien erst mit einem deutlichen Sieg über das ebenfalls punktlose Nordmazedonien (35:26) auf den letzten Drücker den Sprung in die Hauptrunde. Angesichts von 0:4 Punkten zu Beginn der zweiten Turnierphase sind die Chancen der "Gladiatores" aufs Viertelfinale schon jetzt minimal.
Doch die stolze Handball-Nation, erster deutscher Gegner am Donnerstag (18 Uhr), wird deswegen keinen einzigen Ball abschenken. "Im Fußball wäre das wohl das interessanteste Duell, aber wir sind beim Handball, auch da ist Argentinien die beste Mannschaft in Südamerika, auch wenn sie das Finale gegen Brasilien verloren haben", erklärt Deutschlands Co-Trainer Erik Wudtke in seiner Analyse für den kicker: "Sie stellen ein Team, das wir mit unserer Angriffsstruktur sehr gut bespielen können. Argentinien ist eine sehr erfahrene Mannschaft mit vielen Spielern von spanischen Klubs, aber auch ein Team, das wir mit unserer Geschwindigkeit 60 Minuten unter Druck setzen können."
12 Profis aus dem 18-köpfigen argentinischen Aufgebot spielen in Spanien, zwei verdienen ihr Geld in Montpellier, und nur einer - Pedro Martinez - geht noch in der Heimat auf Torejagd. Womöglich eine Extra-Motivation für die Mannschaft von Trainer Guillermo Milano: Bei vier WM-Duellen hieß der Sieger immer Deutschland, zuletzt bei der Endrunde in Katar 2015. In sieben Aufeinandertreffen insgesamt gab die DHB-Auswahl nie einen Punkt ab. Die "Gladiatores" können also Historisches schaffen.
"Sie spielen europäischer als Brasilien, haben eine sehr gut organisierte Defensive, sind aber auch sehr temperamentvoll und teilweise hitzköpfig", sagt Wudtke aus vorherigen Duellen mit den Südamerikanern: "Generell ist Argentinien ein Gegner, mit dem wir uns schon im Vorfeld sehr intensiv beschäftigt haben."
Diego Esteban Simonet ist der Spieler, der aus dem Kollektiv herausragt. Der flinke, kaum zu bändigende Rückraumspieler war gegen Norwegen (7 Treffer), Niederlande (5) und Nordmazedonien (8) jeweils bester Werfer. Seit 2013 steht er in Montpellier unter Vertrag und gewann dort 2018 sogar die Champions League. Vor fünf Jahren nahm er in Köln alles andere als eine Nebenrolle ein: Simonet ist bislang der einzige nicht-europäische MVP beim Finalturnier der Königsklasse in der Domstadt.
Wudtke weiß um die Schlüsselspieler: "Herausragend ist die Achse von Diego Simonet im Rückraum und Lucas Moscariello am Kreis - beide spielen in Montpellier, einem absoluten Topklub in Europa. Weniger bekannt, aber ebenso gefährlich ist Rückraumspieler James Lewis Parker vom ägyptischen Klub Zamalek, der schon oft bei der Vereins-WM am Start war."
2023 geht Argentinien zum 14. Mal in Folge bei einer Weltmeisterschaft an den Start - und wird sein bestes Ergebnis überhaupt, den elften Platz aus Ägypten vor zwei Jahren, toppen wollen.
Angesichts der Situation in der Gruppe und den bevorstehenden Krachern gegen die Niederländer am Samstag (20.30 Uhr) und die Norweger am Montag (20.30 Uhr) hat die DHB-Auswahl allerdings nichts zu verschenken.
"Wie bei unserem Sieg in der Olympia-Vorrunde von Tokio (33:25, d.Red.) erwarte ich auch jetzt ein Duell, das nicht in der ersten Hälfte entschieden wird", gibt Wudtke eine Prognose ab: "Wir müssen Geduld haben, dann werden wir uns nach der Pause absetzen können, wenn wir Kapital aus dem hohen Tempo und den daraus resultierenden Fehlern der Argentinier schlagen können."
Auf ein Nervenspiel, wie beispielsweise gegen die Serben im zweiten Vorrundenspiel (34:33), könnte Bundestrainer Alfred Gislason und so mancher deutsche Fan dennoch gut verzichten.
Maximilian Schmidt