16.12.2022, 15:12
SG hat schon zehn Minuspunkte, THW erst vier
Zum 107. Mal messen die Handball-Schwergewichte Flensburg und Kiel die Kräfte. Vor allem für die Gastgeber steht im Nordderby am Sonntag viel auf dem Spiel.
Für den THW Kiel geht es um die Verteidigung der Tabellenführung, für die SG Flensburg-Handewitt sogar schon um die letzte Chance im Titelkampf. Das 107. Nordderby in der Bundesliga verspricht wie stets Brisanz und Dramatik. Vor allem die SG steht im Duell der Erzrivalen am Sonntag (14 Uhr/Sky) in der "Hölle Nord" unter enormem Erfolgsdruck.
"Es wäre ein wichtiges Zeichen, ein so wichtiges Spiel zu gewinnen", sagte SG-Coach Maik Machulla, der den "Nord-Clasico" einerseits nicht zu hoch hängen möchte, andererseits aber auch betont: "Das Derby hat natürlich eine besondere emotionale Bedeutung für uns."
Für den 45-Jährigen, dessen Vertrag bis zum Sommer 2026 gilt, und seine Schützlinge verlief die Saison bisher gar nicht nach Plan. Während der THW mit 28:4 Punkten von der Tabellenspitze grüßt, haben die Flensburger schon vier Niederlagen kassiert und zweimal unentschieden gespielt. Nach Ansicht von Stefan Kretzschmar waren das zu viele Ausrutscher, um noch Ambitionen auf den vierten Titel nach 2004, 2018 und 2019 anmelden zu können. "Mit zehn Minuspunkten ist Flensburg raus aus dem Meisterschaftsrennen", orakelte der Sportvorstand des Tabellenzweiten Füchse Berlin Anfang Dezember.
In der Tat spricht in Flensburg derzeit niemand von der Meisterschaft. Selbst die Qualifikation für die Champions League, die im Vorjahr verpasst wurde, ist erneut in Gefahr. Auch Machulla mag aktuell nicht an den Titel denken. Es gehe weniger um die Meisterschaft als vielmehr um einen internationalen Startplatz für die Saison 2023/23: "Dafür ist jeder Punkt wichtig."
SG-Geschäftsführer Holger Glandorf, der die noch gar nicht so lange zurückliegende Erfolgsära als Spieler maßgeblich mitgeprägt hatte, räumte unlängst im Podcast "Hölle Nord" des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages ein: "Aktuell kriegen wir die PS nicht auf die Straße. Wir müssen wieder dahin kommen, dass die Spieler die Sicherheit haben, ihren Handball durchzuziehen." Alles stehe auf dem Prüfstand, betonte der frühere Nationalspieler, der auf Nachfrage der dpa ergänzte: "Herausforderungen sind dazu da, gelöst zu werden."
Ein wenig Hoffnung auf Besserung machten die jüngsten Auftritte. In der Liga gab es beim Bergischen HC ein 31:18, die Generalprobe in der European League gegen FTC Budapest (42:30) verlief ebenfalls erfolgreich. "Insgesamt war es eine Leistung, auf der wir aufbauen können - und wir gehen mit einem Erfolgserlebnis ins Derby", sagte SG-Kapitän Johannes Golla danach.
Der Aufschwung soll nun gegen den Nordrivalen, der spätestens seit der Rückkehr der langzeitverletzten Leistungsträger Hendrik Pekeler und Sander Sagosen als Topfavorit im Titelkampf gilt, fortgesetzt werden. Ein Sieg wäre ein deutliches Signal an die Konkurrenz in der Bundesliga-Spitzengruppe, zu der neben Kiel und Berlin noch Meister SC Magdeburg und die Rhein-Neckar Löwen gehören.
"Die Spitzenmannschaften unterschreiten ein gewisses Niveau selten und das macht Flensburg schon. Sie sind sehr anfällig - sowohl Körpersprache als auch Konsequenz und Selbstvertrauen - das wirkt häufig etwas verzweifelt", hatte Kretzschmar als TV-Experte beim Pay-TV-Sender Sky die Flensburger unlängst kritisiert. Diesen Eindruck will die SG am Sonntag unbedingt revidieren.
dpa