18.01.2022, 18:40
Drei Schwergewichte und ein Überraschungsteam
Vor dem letzten Spiel in der Vorrunde stehen bereits die vier Hauptrundengegner der deutschen Handball-Nationalmannschaft fest. Die nächsten Kontrahenten im Check.
Die wohl größte Herausforderung in der Hauptrunde wird das direkte Aufeinandertreffen mit Schwergewicht Spanien. Der Titelverteidiger gewann alle seine drei Vorrundenspiele und nimmt 2:0 Punkte aus dem 32:28-Sieg über Schweden mit in die zweite Turnierphase. Durch den verletzungsbedingten Ausfall der Dujshebaev-Brüder Alex und Daniel (beide wie Nationalkeeper Andreas Wolff in Kielce unter Vertrag) war das Abschneiden der Spanier mit Spannung erwartet worden.
Doch mit Unterstützung von Barcelonas Torhüter Gonzalo Perez de Vargas kommt der zweimalige Weltmeister immer wieder ins Tempospiel, was die kaltschnäuzigen Außen Angel Fernandez Perez (elf Tore/zwölf Versuche) und Aleix Gomez Abello (9/9, beide ebenfalls beim amtierenden Champions-League-Sieger Barcelona unter Vertrag) perfekt ausnutzen. Trotz des Finalsiegs 2016 über Spanien war gegen den zweimaligen Europameister für die DHB-Auswahl in der jüngeren Vergangenheit nicht viel zu holen. Bei der WM 2021 (28:32), EM 2020 (26:33) und EM 2018 (27:31) gab es drei Niederlagen, lediglich bei der deutschen Heim-WM 2019 gelang in der Hauptrunde ein 31:30-Erfolg.
Ein hartes Stück Arbeit wartet auch gegen Norwegen, das durch die überraschende 22:23-Niederlage gegen Russland mit der Hypothek von 0:2 Punkten in die Hauptrunde gehen muss. Beim Vizeweltmeister von 2017 und 2019 mussten sich im Vorfeld mit Magnus Röd und Göran Sögard Johannessen zwei aktuelle Flensburger Leistungsträger verletzungsbedingt abmelden. Keeper Torbjörn Bergerud, ehemaliger SG-Profi, hat mit einem Kopftreffer aus der Vorrunde zu kämpfen.
Es wird spannend, wie lange die Kräfte der Norweger halten. "Sander Sagosen vom THW Kiel wirkt völlig überspielt", schrieb kicker-Kolumnist Bob Hanning in seinem ersten EM-Zwischenfazit. Bester Torschütze der Norweger ist bis dato Linksaußen Sebastian Barthold (bei Champions-League-Finalist Aalborg unter Vertrag) mit 18 Toren - darunter zehn Siebenmeter. Sagosen und dessen Kieler Vereinskollege Harald Reinkind stehen bei 14 bzw. neun Treffern.
Vor dem Turnier gehörten die Schweden definitiv zu den Mitfavoriten, durch die erwähnte Niederlage gegen Spanien geht der viermalige Weltmeister aber mit 0:2 Punkten in die Hauptrunde. Zum Abschluss der Vorrunde kam Schweden zudem nicht über ein 27:27 gegen Underdog Tschechien (ebenfalls 3:3 Punkte) hinaus und rettete sich gerade so in die zweite Turnierphase.
Die Leistungsträger beim dreimaligen Europameister sind bekannte Gesichter aus der Bundesliga: Flensburgs Linksaußen Hampus Wanne (19 Tore/21 Versuche) zeigt sich gewohnt treffsicher, SG-Spielmacher Jim Gottfridsson (12/16) gehört auf seiner Position zur Weltspitze. Zwischen den Pfosten ist Andreas Palicka (sieben Jahre in Kiel, fünfeinhalb bei den Löwen, ab Sommer 2022 bei Paris Saint-Germain) eine Bank - der 35-Jährige steht bereits bei 21 Paraden.
Der vermeintliche leichteste Gegner ist auf dem Papier Russland. Doch die Mannschaft von Trainer-Fuchs Velimir Petkovic - bereits bei Wetzlar, Göppingen, Eisenach und den Füchsen Berlin an der Seitenlinie - gehört zu den großen Überraschungen der EM. Die Russen schlugen Norwegen und gingen mit 6:0 Punkten als Erster der Gruppe F hervor.
Stars des Teams sind zwei Spieler, an denen die deutsche Mannschaft bei der Heim-WM 2019 bereits zu knabbern hatte: Sergei Mark Kosorotov (22) und Dmitry Zhitnikov (32, beide in Diensten von Wisla Plock). Kosorotov besticht durch Dynamik und einen unfassbaren Hebel, mit 17 Toren ist er bester Werfer der Russen. Zhitnikov ist Denker und Lenker, 14 Treffer erzielte er bereits. Im Tor entschärfte Keeper Victor Kireev bis dato 33 (!) Würfe - nur der baldige Kieler Tomas Mrkva im tschechischen Gehäuse hat mehr Paraden vorzuweisen (36).
Maximilian Schmidt