03.10.2024, 12:40
"Es war erst einmal Leere"
Paul Drux muss seine Handball-Karriere verletzungsbedingt beenden. Der 29-Jährige hinterlässt nicht nur bei seinem Verein eine große Lücke.
Das bittere Karriere-Aus von Paul Drux versetzte die Füchse Berlin in einen Schockzustand und rührte auch den Bundestrainer. "Das ist wirklich traurig. Gerade für jemanden wie Paul, der eigentlich jetzt in sein bestes Handball-Alter käme, ist das natürlich tragisch", sagte Alfred Gislason im Interview mit handball-world zum unfreiwilligen Abschied des 29 Jahre alten Handball-Nationalspielers.
Drux selbst traf die von den Ärzten empfohlene Entscheidung hart. "Es war erst einmal Leere. Man hat das sicherlich noch nicht begriffen, was das in der Tragweite auch bedeutet", berichtete er nach dem Einzug der Füchse ins Pokal-Achtelfinale durch einen 37:36-Sieg gegen Frisch Auf Göppingen.
Zwar brachte er die Verkündung schnell hinter sich, räumte aber ein: "Es ist mir schwerer gefallen, als es aussieht. Ich habe bewusst das Handy beiseitegelegt und an dem Kleiderschrank meiner Tochter gearbeitet. Man versucht, das so ein bisschen zu verdrängen", sagte Drux.
Ein irreparabler Knieschaden zwingt den leidgeplagten Rückraumspieler nun zum endgültigen Abschied. "Ich bin sehr dankbar für das, was ich im aktiven Handball als Spieler erleben und erreichen durfte", sagte Drux.
Dreizehn Jahre lang spielte Drux für die Hauptstädter, vom B-Jugendlichen stieg er zum Leistungsträger, Publikumsliebling und Kapitän auf. Mit der Profimannschaft gewann er Europapokale, die Klub-WM, den DHB-Pokal und den Supercup. Ein Titelgewinn mit der Nationalmannschaft blieb dem wurfgewaltigen Drux auch aufgrund seiner Verletzungsanfälligkeit verwehrt, 127-mal kam er für das DHB-Team zum Einsatz.
Drux galt lange als Shootingstar des deutschen Handballs, doch am Ende war er auch einer der größten Pechvögel. Immer wieder machte ihm sein Körper einen Strich durch die Rechnung.
Meniskusriss, Kreuzbandriss, Achillessehnenriss, Schulter-OP, Sprunggelenk: Es gab kaum eine schwere Verletzung, die Drux nicht durchleiden musste. Auch den größten Triumph der letzten Jahre, das goldene EM-Wintermärchen 2016 in Polen, verpasste Drux verletzt.
Mit Drux verlieren die Füchse Berlin nicht nur einen "kompletten Handballer" und "super Mannschaftsspieler", wie Gislason den Olympia-Dritten von 2016 würdigte. "Er war eine absolute Vorbild- und Leuchtturmfigur. Das tut uns als Verein weh, ihn auf dem Feld zu verlieren", sagte Berlins Sportvorstand Stefan Kretzschmar. "Das Projekt Füchse Berlin war zum größten Teil auch sein Projekt als jahrelanger Leistungsträger."
Besonders betroffen war Füchse-Manager Bob Hanning, den ein besonderes Verhältnis mit Drux verbindet. "Er ist für mich wie ein Kind, mit dem wir hier aufgewachsen sind. Wir haben viele, viele Dinge gemeinsam erlebt. Es tut mir unfassbar weh, dass Paul auf diesem Wege seine Karriere beenden muss", sagte Hanning und lobte: "Paul ist die Identitätsfigur in diesem Klub. Er hat hier alles durchlaufen und war Vorbild für uns alle."
"Ich habe gerade einen Film geschaut, als Paul uns in der Mannschafts-WhatsApp-Gruppe die Nachricht geschickt hatte. Ich musste den Film ausmachen, ich konnte nicht weitergucken. Denn meine Augen waren komplett nass. Ich habe nur noch geweint", so Abwehrspezialist Mijailo Marsenic gegenüber der Sportbild beim Pokalspiel gegen Frisch Auf Göppingen und betont: "Paul war der beste Team-Kollege, den ich je gehabt habe."
"Er war ein Vorbild für so viele auch meiner Spieler, als ich noch bei den Eulen war. Wir haben ihm alle gern beim Spielen zugeschaut. Auch uns hat die Nachricht wehgetan. Ich wünsche ihm jetzt nur das Beste", so auch Göppingens Coach Ben Matschke.
Der Familienvater wird ein großes Loch im Team hinterlassen. Vor allem bei seinem Kapitänsnachfolger Fabian Wiede. "Das ist beschissen. Ich kenne ihn jetzt seit dreizehn Jahren, er ist mein bester Freund geworden", sagte Wiede.
Beide teilten sich auf Reisen seit Jahren das Zimmer. "Wenn man bei den nächsten Auswärtsfahrten keinen Teamkollegen neben sich im Bett liegen hat, dann wird man es erst so richtig begreifen, dass er jetzt komplett weg ist. Das tut einfach weh", ergänzte der neue Kapitän der Füchse Berlin.
Wie es mit Drux weitergeht, ist offen. In den nächsten Wochen steht für ihn zunächst einmal die Geburt seiner zweiten Tochter an. "Das ist jetzt die beste Ablenkung", sagte er. Dann werden noch zwei notwendige Operationen folgen. Im Januar soll es dann Gespräche über die berufliche Zukunft geben. "Mal sehen, welche Aufgaben er jetzt schon im Klub übernehmen kann", sagte Hanning.
Der hat schon länger große Pläne für Drux. "Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass es mein großer Wunsch war, dass er noch drei, vier Jahre spielt. Und wenn er Lust hat, dann meine Position im Klub zu übernehmen", sagte der Manager. Nun muss neu geplant werden. "Jetzt ist erst einmal alles anders und fühlt sich falsch an", sagte Hanning.
DPA, SID, red