07.08.2024, 21:10
Goldenes Taktik-Händchen von Tomas Axner
Schwedens Handballerinnen greifen nach einer Olympia-Medaille. Das verdanken sie auch der ungewöhnlichen Taktik von Trainer Tomas Axner für das Spiel im Sieben-gegen-Sechs-Angriff im Viertelfinale gegen Ungarn.
Im Viertelfinale des Handball-Turniers der Frauen am Dienstagabend waren noch zehn Sekunden zu spielen und Schweden brauchte gegen Ungarn beim Stand von 28:29 unbedingt einen Treffer für die Verlängerung. Trainer Tomas Axner nahm die Auszeit und brachte die siebten Feldspielerin, um eine Überzahlsituation zu schaffen. Soweit, so normal.
Ungewöhnlich war jedoch die Positionierung: Statt mit zwei Kreisläuferinnen ließ Axner seine Mannschaft mit zwei Spielerinnen auf der rechten Rückraumposition agieren. Nina Koppang und Emma Lindqvist standen buchstäblich hintereinander. Während Koppang anlief und den Ball von Trainertochter Tyra Axner annahm, die in ein Leerkreuz mit Jamina Roberts ging, blieb Lindqvist stehen.
Die ungarische Defensive sah sich vier Rückraumspielerinnen und einer Kreisläuferin gegenüber und konnte die Situation nicht lösen. Koppang blieb völlig unbedrängt, stieg hoch und traf sechs Sekunden vor dem Ende zum Ausgleich. Auch in der Verlängerung blieb Axner der Taktik treu und wurde belohnt: Die Schwedinnen entschieden das Spiel mit einem 4:0-Lauf für sich und buchten mit dem 36:32 das Halbfinalticket.
Die Erfindung des "Doppel-Halben" wollte Axner danach allerdings nicht für sich in Anspruch nehmen. "Ich habe es vor vielen Jahren schon mit dem Männerteam gespielt, für das ich aufgelaufen bin", lachte der 54-Jährige. "Ich habe es aber viele Jahre nicht gesehen und ich war mir sicher, dass es eine gute Sache für uns ist, denn wir haben zwei starke Werferinnen."
Bereits in der Vorrunde setzte er den "Doppel-Halben" ein. "Wir waren damit schon gegen Norwegen erfolgreich, wir haben es auch viel trainiert", sagte Axner. Dennoch überraschte er die Ungarinnen mit seinem Schachzug; die gegnerische Deckung konnte sich nicht (mehr) darauf einstellen. Für Axner kommt das nicht überraschend.
"Ich denke, sie haben das Spiel gegen Norwegen gesehen, aber zum Ende eines Turniers hast du nicht mehr so viel Zeit zum Training, du musst dich entscheiden, was du machst", erläuterte er. "Wenn du da 15 Miinuten reinsteckst, hast du diese Zeit nicht für etwas anderes. Sie haben es also vielleicht angesprochen, aber wahrscheinlich nicht intensiv. Das war ein Vorteil für uns und ich bin natürlich sehr froh darüber."
Denn das ungewöhnliche Sieben-gegen-Sechs gab am Ende, das wusste auch Axner, den Ausschlag. "Es war ein sehr enges Spiel, wir standen einem starkem Team gegenüber", zollt er den Ungarn Respekt. "Wir wussten dass wir in der Abwehr unsere Körper opfern müssen. Und dann haben wir im Angriff umgestellt und Sieben gegen Sechs gespielt. Wir hatten damit auch ein bisschen Glück."
In der Olympia-Qualifikation musste sich Schweden gegen Ungarn noch geschlagen geben. "Im April war Ungarn besser, meine Spielerinnen waren erschöpft, ich habe sie noch nie so müde gesehen", erinnert sich Axner mit Verweis auf die Champions League und das Saisonende. "Diesmal waren wir besser vorbereitet." Und dank dieser Vorbereitung und des "Doppel-Halben" greift Schweden nun nach einer Olympia-Medaille.
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