17.01.2024, 10:33
Zweite Welle - Deine Handball-Kolumne
Ist das Erste Deutsche Fernsehen die erste Wahl? Sieht man mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen besser? Und sieht man mit Dyn womöglich noch besser? Handball-Autor Daniel Duhr unterzieht in seiner Kolumne ARD, ZDF und Dyn einem EM-TV-Check.
Während bei Dyn "Cyber-Surferin" Lea Rostek kurz vor Spielbeginn noch einmal die neusten Insta-Trends der Handball-Influencer serviert, begrüßen Alexander Bommes und Dominik Klein die TV-Zuschauer in der ARD zeitgleich mit klassischer Vorberichterstattung.
Kurze Werbung noch auf Dyn, zielgruppengerecht mit Juri Knorr, der letzte Anlage-Tipps vor dem Anpfiff in die Kamera lächelt. Bei ARD und ZDF keine Werbung mehr nach 20 Uhr, dafür aber bei Vorabendspielen vermutlich wieder unangenehme Kijimea-Reizdarm-Reklame - möglicherweise auch zielgruppenorientiert. Und wo schaut man jetzt die EM? Bei Dyn oder bei den Öffentlich-Rechtlichen?
Dass ARD und ZDF den TV-Zuschauern die großen Handball-Turniere ins Wohnzimmer bringen, ist nicht neu. Es ist wohlig vertraut, ein eingespieltes Doppel. Und wenn die Deutschen weder mit Taste eins, noch mit Taste zwei auf den Bildschirm zu holen waren, dann lag das in früheren, winterlicheren Wintern am Schnee auf der Satellitenschüssel, oder in noch früheren Wintern am Schnee auf dem Bildschirm.
Ansonsten galt mit ganz wenigen Ausnahmen: Mindestens die Spiele mit deutscher Beteiligung laufen bei den Öffentlich-Rechtlichen. Das ist auch dieses Jahr so. Neu ist die Alternative, die Spiele im Livestream bei Dyn zu schauen. Der erst vor wenigen Monaten aus der Taufe gehobene Sender lädt durch die Art und Weise, wie er die Handball-Berichterstattung interpretiert, die Handball-Fans zum medialen Kempa-Trick ein: mutig, interaktiv und auf Spektakel ausgerichtet.
Im Ersten moderiert Alexander Bommes, selbst früher Handballprofi und 2006 beim TSV Altenholz sogar Torschützenkönig der 2. Bundesliga Nord, gemeinsam mit Weltmeister Dominik Klein. Ein eingespieltes Duo, das vor allem auch damit punktet, dass beide aus eigener Hand wissen, wie sich ein verharzter Ball anfühlt und entsprechend absolut auf Augenhöhe mit den Profis diskutieren.
Vom Spielfeldrand liefert Désirée Krause sympathisch Interviews. Und als Kommentator ist Florian Naß eine vertraute Stimme, bei dieser EM erstmals unterstützt von Weltmeister Johannes Bitter. Absolut kompetent, mit Bommes und Klein auch immer mal für einen Scherz zu haben und mit frischem Wind dank Jogi Bitter.
Auch das ZDF setzt auf Routine. Die Moderation übernimmt Sportchef Yorck Polus persönlich. An seiner Seite: Sven-Sören "Smöre" Christophersen. Gelernter Bankkaufmann, entsprechend seriös - aber eben auch mit 101 Länderspielen im Arm und entsprechend viel Handball-Know-how.
Es kommentieren Christoph Hamm und ein weiterer Weltmeister von 2007, Markus Baur. Zudem interviewt Amelie Stiefvatter Alfred Gislason und Co. Auch die Mannschaftsaufstellung des ZDF steht damit für Expertise, jede Menge Erfahrung und klassische Handball-Berichterstattung - vermutlich die am konservativsten ausgelegte unter den drei Sendern.
Der private Streaminganbieter Dyn geht hier einen anderen Weg. Wenn ARD und ZDF aus einer klassischen 6:0-Formation heraus übertragen und sich punktuell mal in die 5:1 vorwagen (ARD blendet in der Auszeit QR-Code ein, der auf eine Doku in der Mediathek verlinkt und viele Stammzuschauer mit leerem Blick auf die Fernbedienung starren lässt), startet Dyn mit einer offensiven 3:2:1 mit gelegentlichem Hang zur offenen Manndeckung.
Schon der Teaser: Wo der Zuschauer bei Sportschau und Sportreportage zusammenanimierte Stockbilder gewohnt ist, gibt es bei Dyn einen Dreher von Mikkel Hansen, ein Rückhandtor von Christoph Steinert und eine Fackel von Philipp Weber zur Begrüßung.
Mit Anett Sattler, Hannah Nitsche und Lea Rostek setzt der Sender bei Moderation und Interviews auf ein Damen-Trio. Es kommentieren Karsten Petrzika, Markus Götz, Finn-Ole Martins, Lennart Wilken-Johannes und Vincent Schuster. Zum Experten-Team gehören Handballpunk Stefan Kretzschmar und - natürlich auch hier ein Weltmeister - Pascal Hens.
ARD und ZDF setzen bei dieser EM auf Altbewährtes. Erfahrene Sportjournalisten und sympathische Handballprofis sorgen für eine solide, erfolgreiche Berichterstattung. Dyn setzt dagegen voll auf die junge Zielgruppe.
Dynamisch, emotional, sehr locker und auch deutlich boulevardesker - hier nehmen die aktuellen Insta-Stories schon mal mehr Raum ein als die aktuellen Aufstellungen. Für 12,50 Euro im Monatsabo. Aber Geld kosten ARD und ZDF ja grundsätzlich auch.
Ist Dyn jetzt besser? Oder schlechter? Auf jeden Fall anders. Ein Stück weit ist das bestimmt eine Frage des Zuschaueralters - und wie immer auch eine des Geschmacks. Was meint Ihr? Und wo schaut Ihr die Spiele? Auf 1, 2 oder Dyn?
In Zweite Welle schreibt Bestseller-Autor Daniel Duhr regelmäßig über aktuelle Handballthemen auf und neben der Platte. Und lädt Euch damit zur Diskussion ein. Welchen Standpunkt vertretet Ihr? Wir freuen uns auf Eure Meinungen!
Daniel Duhr ist Autor der Reihe "Handballhölle", die allesamt zu Bestsellern geworden sind. Ebenso wie das kurz vor der EM erschienene Buch "Bock auf Handball", in dem Persönlichkeiten aus dem Handball wie Silvio Heinevetter oder Bob Hanning interessante Geschichten aus dem Handball erzählen und Bennet Wiegert beispielsweise über eine Auswärtstour nach Sibirien berichtet.
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lmk